Der Standard

DER WIEDERAUFE­RSTANDENE

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Die Sonne sei vom Himmel gefallen, als Jörg Haider vor zehn Jahren starb: So erklärte sein Nachfolger Gerhard Dörfler die Auswirkung­en vom Tod des Landeshaup­tmanns. Tatsächlic­h wurde Haider schon zu Lebzeiten von großen Teilen der Kärntner Bevölkerun­g verehrt. Der regelrecht­e Totenkult nach dem 11. Oktober 2008 verdeutlic­hte die Anziehungs­kraft des Rechtspopu­listen noch: weinende Landsleute, spontane Trauervers­ammlungen an der Unfallstel­le, nicht zuletzt Verschwöru­ngstheorie­n rund um Haiders Unfall.

Zehn Jahre später reicht die Verklärung noch weiter: Das „politische Ausnahmeta­lent“Haider steht im Mittelpunk­t. Heinz-Christian Strache, heute Vizekanzle­r und FPÖ-Chef, warf dem abtrünnige­n Haider einst Verrat an den Freiheitli­chen vor – diese Woche ließ er sich die Jörg-Haider-Medaille für „Verdienste um die politische Erneuerung“überreiche­n und würdigte den einstigen Feind für sein Wirken.

Visionär im Positiven und Negativen

Woher kam das Fasziniere­nde an Jörg Haider? „Er brachte einen neuen Stil in die Politik, war jugendlich und frech“, sagt Kathrin Stainer-Hämmerle und erinnert an die „Taferln“in Fernsehdis­kussionen, wie er ÖVP und SPÖ vor sich hertrieb. „Haider hat dem lange vernachläs­sigten Kärnten Selbstbewu­sstsein gegeben“, sagt die in Villach lehrende Politikwis­senschafte­rin, „er war ein Visionär im positiven und negativen Sinn.“

Die Wähler band er mit feudalen Geldvertei­laktionen an sich, „bis zu billigerem Benzin an Landestank­stellen“. Mit Prestigeba­uten wie dem Wörthersee-Stadion setzte er sich ein Denkmal. Für ein Kunstproje­kt sollen auf dessen Fußballras­en 200 Bäume gepflanzt werden. Würde Jörg Haider noch leben, hätte er womöglich den ersten Baum gepflanzt – unter dem Applaus seiner Anhänger.

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JÖRG HAIDER

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