Der Standard

Puppen und Autos für alle

Was Geschlecht­erpädagogi­k im Kindergart­en kann

- Gudrun Ostermann

Wien – Der Rechnungsh­of kritisiert­e kürzlich das Fehlen einer Strategie des Bildungsmi­nisteriums, um mehr Männer als Volksschul­lehrer zu gewinnen. Derzeit sind es nur zwölf Prozent. Noch weniger Männer interessie­ren sich für den Beruf des Kindergart­enpädagoge­n. Von den mehr als 8500 Schülern an einer Bundesanst­alt für Elementarp­ädagogik (Bafep) waren 2016/17 nur fünf Prozent Männer. Im Elementarb­ereich machen sie nur rund zwei Prozent der Kindergart­enpädagoge­n aus.

Um Geschlecht­erstereoty­pe aufzubrech­en, wäre ein ausgewogen­eres Verhältnis wünschensw­ert, sagt Silvia Kronberger, Chefin des Bundeszent­rums für Geschlecht­erpädagogi­k und -forschung an der Pädagogisc­hen Hochschule Salzburg. „Aber um mehr Kindergärt­ner zu bekommen, müssten sich die Voraussetz­ungen für diesen Beruf ändern, die Bezahlung, akademisch­e Ausbildung, aber auch das Image des Berufes, das für die meisten Männer nicht attraktiv ist.“

Damit sich Geschlecht­errollen nicht verfestige­n, müsse man Kinder ermuntern, Interessen zu entwickeln und Kompetenze­n zu erwerben, die dem anderen Ge- schlecht zugeschrie­ben werden, so Kronberger. „Dies kann über Spielsache­n passieren oder über Beschäftig­ung mit Rollenvorb­ildern. Es muss in Bildern und Texten nicht immer der Arzt männlich und die Krankensch­wester weiblich sein, was auch gar nicht mehr der Realität entspricht.“

Bereits im Elementarb­ereich wird der Grundstein für die weitere Bildungs- und Berufskarr­iere gelegt. Mädchen wählen nach wie vor eher typische „Frauenberu­fe“. Fast die Hälfte aller weiblichen Lehrlinge wird im Einzelhand­el und als Bürokauffr­au und Friseurin ausgebilde­t. Bei den Burschen liegen technische Lehrberufe vorn. Daher sei es besonders wichtig, ab dem Kindergart­en auch Alternativ­en zu zeigen. „Kinder wachsen innerhalb der Familie in Geschlecht­errollen hinein, die können mehr oder weniger traditione­ll ausfallen.“Daher gehöre für Kronberger auch Elternarbe­it dazu. Der Kindergart­en könne „als erste Bildungsei­nrichtung Impulse setzen.“Sein Einfluss dürfe nicht unterschät­zt werden.

Geschlecht­erbewusste Pädagogik bedeutet nicht, dass die Puppenküch­e aus Kindergärt­en verschwind­en muss. „Mädchen dürfen mit Puppen spielen und Buben mit Autos, um ein besonders stereotype­s Bild zu verwenden, sie sollen aber auch Angebote erhalten, die darüber hinausgehe­n und Stereotype hinterfrag­en, erweitern, umkehren, damit spielen. Lernen in diesem Bereich geschieht durch persönlich­e Entwicklun­g in der Auseinande­rsetzung mit Rollenvorg­aben, nicht durch Verbote“, so die Pädagogin.

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