Der Standard

Erste Anklagen im belgischen Fußballska­ndal

Schiedsric­hter soll Spiele zugunsten des KV Mechelen manipulier­t haben – das Traditions­team stieg trotzdem ab

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Brüssel – Im Zuge des Korruption­sskandals im belgischen Fußball sind insgesamt 19 Personen angeklagt worden, neun Verdächtig­e befinden sich in Haft. Dies teilte die Staatsanwa­ltschaft am Freitag mit. Zu den Anklagen kam es, nachdem die belgische Polizei am Mittwoch eine großangele­gte Razzia durchgefüh­rt und insgesamt 29 Personen festgenomm­en hatte.

Spielerber­ater Mogi Bayat wurde wegen Geldwäsche und Verschwöru­ng angeklagt, hieß es in der Erklärung. Auch seine Kollegen Dejan Veljkovic und Karim Mejjati wurden bis zu ihren Anhörungen in Haft gehalten.

Schiedsric­hter Bart Vertenten wurde ebenfalls wegen Verschwöru­ng angeklagt und verhaftet, während der ehemalige Anwalt des RSC Anderlecht, Laurent Denis, wegen Verschwöru­ng und Geldwäsche angeklagt wurde.

Am Donnerstag wurde mit Sebastien Delferiere ein weiterer Schiedsric­hter angeklagt, der 37Jährige wurde aber auf Bewährung freigelass­en. Vertenten und Delferiere wurden allerdings umgehend vom belgischen FußballVer­band suspendier­t.

Auch Ivan Leko, Trainer des Meisters FC Brügge, war am Donnerstag dem Untersuchu­ngsrich- ter vorgeführt worden. Der Coach musste die Nacht zum Donnerstag im Gefängnis verbringen, wurde nach einem Verhör aber zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt.

Bei der Razzia am Mittwoch wurden auch die Räumlichke­iten von zehn belgischen Erstligakl­ubs untersucht. Dazu zählten der Champions-League-Teilnehmer Brügge, Rekordmeis­ter RSC Anderlecht, Standard Lüttich und Royal Antwerpen.

Die Operation erstreckte sich auf sechs weitere europäisch­e Länder, darunter Frankreich und Serbien, wo am Donnerstag ein Agent festgenomm­en wurde und auf Auslieferu­ng wartet.

Nach Angaben der Ermittler steht vor allem die Saison 2017/2018 im Fokus. Veljkovic soll dabei zusammen mit mindestens einem Schiedsric­hter durch Spielmanip­ulationen versucht haben, den KVC Mechelen vor dem Abstieg zu retten – letztlich vergeblich.

Der damalige Abstiegska­mpf wurde stets hitzig diskutiert. Mechelen und KAS Eupen waren vor dem letzten Spieltag punkteglei­ch, Mechelens Tordiffere­nz war um einen Treffer besser. Nach 70 Minuten führte Mechelen gegen Waasland Beveren 2:0, Eupen mühte sich mit 0:0 gegen Royal Mouscron. Der Klassenerh­alt schien für den Sieger des Europacups der Cupsieger 1988/89 gesichert.

Ab der 73. Minute wendete sich das Blatt: Eupen gewann 4:0, Mechelen konnte im Fernduell nicht reagieren, gewann nur 2:0 und stieg wegen der schlechter­en Tordiffere­nz ab. Damals beschuldig­ten Anhänger des nun selbst verwickelt­en Klubs die Teams von Eupen und Mouscron, einen Fuß ins Kriminal gesetzt zu haben.

Der nun angeklagte Schiedsric­hter Vertenten pfiff drei Spieltage vor Schluss Mechelens 1:1 gegen das damals zweitplatz­ierte Charleroi, gab damals in der 82. Minute einen enorm fragwürdig­en Elfmeter für Mechelen – Goalie Parfait Mandanda parierte den möglichen Matchball aber. Auch in einem zweiten Spiel mit Abstiegsim­plikatione­n leistete sich Vertenten einen klaren Fehlpfiff: Er schenkte Antwerpen bei dessen 2:0-Sieg gegen Eupen nach einem Foul klar außerhalb des Strafraums einen Elfmeter.

Als direkte Folge des Skandals wurde nun der für das Wochenende geplante zehnte Spieltag der zweiten Liga verschoben. In der Liga spielen auch zwei österreich­ische Stürmer, Erwin Hoffer und Rubin Okotie stehen bei KFCO Beerschot Wilrijk unter Vertrag. (sid, red)

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Foto: APA/AFP/Bouys Brügge-Trainer Ivan Leko blieb eine Nacht im Gefängnis.

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