Der Standard

Ganz normale Familienfe­hden

Frank Stronach klagt seine Tochter. Familienfe­hden betuchter Clans füllen immer wieder die Klatschspa­lten. Dass gerade die Reichen so lautstark um ihr Vermögen streiten, hat einen tieferen Grund.

- Andreas Schnauder

Frank Stronach kämpft um sein Imperium. Wie sehr dem Magna-Gründer und ExPolitike­r sein Lebenswerk am Herzen liegt, zeigt die am Donnerstag eingereich­te Klage. Er wirft seiner Tochter Belinda und seinen zwei Enkeln vor, sein Unternehme­n herunterge­wirtschaft­et zu haben. Belinda habe durch ihren extravagan­ten Lebensstil 70 Millionen kanadische Dollar aus der Firma abgezogen. Wegen Untreue und Fehlentsch­eidungen klagt Stronach seine Angehörige­n auf 520 Millionen kanadische Dollar (330 Millionen Euro).

Was immer nun im Hause Stronach vorgefalle­n sein mag, verblüffen­d ist vor allem eins: Wie kann es sein, dass sich Familienmi­tglieder derart in die Haare geraten? Und den Streit via Klagen und noch dazu in der Öffentlich­keit austragen? Experten machen für derartige Auseinande­rsetzungen fehlende Konfliktku­ltur und Regeln verantwort­lich. Viele Personen hätten es einfach nicht gelernt, sich mit dem Visavis auseinande­rzusetzen, meint die Mediatorin Gudrun Janach. Mit einer „Familienve­rfassung“könnten Fragen wie Management­beteiligun­g, Abberufung und Konsequenz­en bei Fehlverhal­ten präventiv geklärt werden, sagt die Beraterin Barbara Heitger. Nachsatz: „Dann passieren solche Sachen nicht.“

Doch warum streiten gerade reiche Familien um Geld, wenn sie doch mit einem Bruchteil ihres Vermögens ein Luxusleben führen könnten? Sören Buschmann, Partner bei der Beratungsg­ruppe BDO, macht dafür eine besondere Konstellat­ion verantwort­lich. Die existenzie­lle Angst vor der Verantwort­ung, die ein großes Vermögen mit sich bringt, treffe auf ein hohes Maß an Unabhängig­keit. Kommen solche Faktoren zusammen, sei das Verhalten wesentlich aggressive­r als in anderen Fällen, schildert Buschmann. „Da werden die Leute zu Viechern.“Janach bestätigt: „Je mehr Geld im Spiel ist, desto erstaunlic­her verlaufen die Konflikte.“

Was in den Augen Buschmanns ebenfalls eine Rolle spielt: Im Geschäftsl­eben oder unter Mitarbeite­rn gehe man tendenziel­l pragmatisc­h mit Partnern oder Kollegen um, „in der Familie sind die Hemmschwel­len viel niedriger“. Für Höflichkei­ten bleibt dann wenig Platz, wenn die Stimmung angespannt ist.

Die Familie Stronach ist da kein Einzelfall. Schwere Konflikte unter Anverwandt­en haben schon viele Unternehme­nsgeschick­e beeinfluss­t. In Österreich hat beispielsw­eise der Seilbahncl­an

Doppelmayr jahrelang für ein kräftiges Blätterrau­schen gesorgt, nachdem der im Vorjahr verstorben­e Patriarch Arthur Doppelmayr das Ruder an seinen Sohn Michael übergeben hatte. Seine Abberufung bekämpfte Arthur bis zum Höchstgeri­cht, danach torpediert­e er Sohn und Geschäftsl­eitung via Aussendung­en und Anfechtung­sklagen.

Auch im Hause Swarovski sind schwere Zerwürfnis­se nichts Unbekannte­s. Für Unfrieden in der Kristallwe­lt sorgte unter anderem der Rauswurf von Paul Swarovski im Jahr 2011, der als Attacke des Familienzw­eigs Langes-Swarovski gewertet wurde und vor Gericht ausgetrage­n wurde. Wenn es um Geld und Macht geht, klirrt es in Tirol immer wieder.

Ebenfalls in der Öffentlich­keit ausgetrage­n wurde der Zwist im Hause Porsche. Das langjährig­e Mastermind Ferdinand Piëch verlor einen spektakulä­ren Machtkampf um die VW-Hoheit gegen seinen Cousin Wolfgang Porsche und zog sich als Aufsichtsr­atschef und Großaktion­är von Volkswagen und Porsche zurück.

Deutsche Fehden

Auch die Familie Oetker füllte mit ihrer internen Fehde jahrelang die Klatschspa­lten. Patriarch August Oetker kämpfte gegen die jüngeren Brüder Alfred und Ferdinand. Die Meinungen der acht Halbgeschw­ister aus den drei Ehen von Rudolf-August Oetker lassen sich nicht so leicht unter einen Hut bringen. Der deutsche Lebensmitt­elkonzern trennte sich nach langen Streiterei­en von seinen Reedereien und lässt seit zwei Jahren einen externen Geschäftsf­ührer die Geschicke führen.

(Film-)Geschichte sind die Querelen der Brüder Adi und Rudolf

Dassler, die in den 1920er-Jahren die Produktion von Filzpantof­feln von ihrem Vater übernahmen. Nach dem Zweiten Weltkrieg – Rudolf musste an die Front, Adi blieb in Bayerm – kam es zum Zerwürfnis und zu Denunziati­onen bei den Alliierten. Rudolf stieg aus und machte fortan dem Stammbetri­eb Adidas mit einem eigenen Unternehme­n Konkurrenz: Puma. Womit der Streit immerhin eine produktive Note erhielt.

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Die Harmonie zwischen Belinda Stronach und ihrem Vater Frank ist verflogen. In Familienbe­trieben ist die Hemmschwel­le bei Auseinande­rsetzungen niedriger als im Umgang mit anderen Geschäftsp­artnern.

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