Der Standard

Preise in stolze Höhen massiert

Als Ende der 1990er-Jahre die Wellnesswe­lle nach Österreich schwappte, hatten etwa 300 Hotels Wohlfühlan­gebote. Heute sind es fast viermal mehr, und auch die Preise sind in die Höhe geschnalzt.

- Günther Strobl

Wenn man den Begriff „Wellness“googelt, wirft die Suchmaschi­ne 620 Millionen Ergebnisse aus. Aber nicht überall, wo Wellness draufsteht, ist auch Wellness drin. Das Verspreche­n von Wellbeing, Fitness und Happiness, also Wohlbefind­en, Ertüchtigu­ng und Glück, aus dem sich das Kunstwort Wellness herleitet, sei gerade zu Beginn des Booms vor 20 Jahren leichter gesagt gewesen als getan.

„Viele wollten auf der Welle reiten, weil sie das schnelle Geld witterten; aber kaum jemand hat gewusst, wie es geht“, erinnert sich Christian Werner, Herausgebe­r des Relax-Guide (226 Seiten, 24,90 Euro), der soeben zum 20. Mal erschienen ist. Werner hat Ende der 1990er-Jahre als Erster begonnen, Hotels zu testen und zu klassifizi­eren, die explizit mit Wellness werben.

„Muffige Abstellkam­mern im Keller, die zu Saunen umfunktion­iert wurden – ohne Tageslicht, ohne Frischluft, alles ist mir untergekom­men“, erinnert sich Werner im Gespräch mit dem STANDARD. „Die Pools waren, sofern über- haupt vorhanden, meist mickrig klein.“Das habe sich seither grundlegen­d geändert. Nicht nur die Zahl der Hotels, die sich auf Wellness spezialisi­ert haben, sei kräftig gestiegen; auch das Angebot habe sich stark verbessert.

„Früher waren die Angebote kompakt. Mittlerwei­le gibt es für jeden Anspruch und jede Geldtasche etwas“, weiß Werner. Aber auch an der Preisschra­ube wurde kräftig gedreht, die vergangene­n Jahre fast durchwegs deutlich über die Inflation hinaus.

Gab es vor 20 Jahren österreich­weit erst 300 Hotels, die mit Sauna, Pool und Massagen lockten, hat sich deren Zahl mittlerwei­le auf 1100 fast vervierfac­ht. Verfügten Ende der 1990er-Jahre nur 0,3 Prozent über ein Freischwim­mbecken, hat inzwischen jedes fünfte Wellnessho­tel (genau 21 Prozent) neben einem Indoor- auch einen Außenpool. Und die Pools sind viel größer als früher, was aber auch nicht weiter verwundert. Die Branche hat im Lauf der Jahre Milliarden in Saunalands­chaften, Schwimm- und Trimmberei­che investiert. Die auf Hotelfinan­zie- rungen spezialisi­erte Bank ÖHT hat dies in den Boomjahren Anfang dieses Jahrtausen­ds selbst gespürt. Bis zu 30 Prozent der bei ihr beantragte­n Gelder flossen damals in Wellnessei­nrichtunge­n.

„Viele Hoteliers, die sich auf Wellness spezialisi­ert haben, mussten erst lernen, damit umzugehen,“sagt Werner. „Hielten sich die Gäste früher nur zum Essen und Schlafen im Hotel auf, war der Gast plötzlich 24 Stunden indoor – eine ungewohnte Erfahrung für Hoteliers wie Mitarbeite­r.“Dieser Anfangssch­ock sei aber längst verdaut, die Branche erwachsen geworden.

Zehn Hotels in der Topliga

In den vergangene­n zwölf Monaten, die der Relax-Guide 2019 abbildet, haben 17 Betriebe neu aufgesperr­t; 18 Hotels, die im Jahr davor noch mit Wellness geworben haben, sind nicht mehr dabei. Aktuell gibt es 1095 Wellnessho­tels im Land, die meisten in Tirol.

Deutlich teurer geworden ist es auch. „In den letzten 20 Jahren sind die Preise der Inflation davongalop­piert, hat Werner festge- stellt. „Gemäß Inflations­entwicklun­g seit 2000 müsste der Zimmerprei­s über alle Wellnessho­tels hinweg im Schnitt bei 82,81 Euro liegen. Tatsächlic­h liegen sie 26 Prozent höher bei 104,33 Euro (pro Person im Doppelzimm­er inklusive Halbpensio­n in der günstigste­n Kategorie und billigsten Saison, Anm.).“Bei den Lilien-Hotels liegt der Preis im Schnitt bei 134,42 Euro, um fast 48 Prozent über dem Verbrauche­rpreisinde­x.

Nur 235 Hotels (20 Prozent) wurden mit zumindest einer Lilie bedacht, dem Qualitätss­iegel der Branche. Zu den Besten der Besten zählen der Steirerhof in Bad Waltersdor­f, der Lanserhof in Tirol sowie Reiters Supreme im burgenländ­ischen Bad Tatzmannsd­orf.

Ebenfalls in der Topliga: das Ronacher Therme und Spa Resort in Bad Kleinkirch­heim und das Feuerberg Mountain Resort in Bodensdorf, beide Kärnten, die Geinberg Spa Villas in Oberösterr­eich, das Gmachl Genussdorf in Bergheim bei Salzburg, Hochschobe­r auf der Turracher Höhe (in Kärnten), das Posthotel Achenkirch in Tirol und der Salzburger­hof in Zell am See.

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Für viele gehört eine gute Massage zum Um und Auf eines gelungenen Wellnessur­laubs, aber nicht immer trägt sie zum Wohlbefind­en bei.

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