Der Standard

„Das weibliche Prinzip“

Ist mit Sicherheit sehr zeitgemäß – und dessen Erscheinen natürlich perfekt getimt.

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rin Christine Blasey Ford einer versuchten Vergewalti­gung beschuldig­t wurde, hat der Thematik wieder weltweit Aufmerksam­keit verschafft. Mit welchen Konsequenz­en, scheint natürlich höchst(richterlic­h) fragwürdig.

Die junge, schüchtern­e, aber sehr intelligen­te Studentin Greer Kadetzky erlebt so einen Übergriff auf einer College-Party, wo sie frisch gelandet ist. Initialzün­dung für die feministis­che Selbstfind­ung aber wird ein anderer Moment während Greers Universitä­tszeit. Nämlich die Begegnung mit Faith Frank, einer damals schon 63-jährigen Ikone der Frauenbewe­gnung auf der Damentoile­tte des Campus. Wolitzer spinnt daraus, eigentlich in bes- ter – immer noch recht männlicher – US-Romanautor­en-Tradition, wenn schon keine „Great“American Novel, so doch einen sehr okay erzählten US-Roman.

Die zentralen Themen kreisen um Feminismus: Es geht um Frauen und die Machtfrage, im familiären und berufliche­n Umfeld, und viel um Macht in Frau/Mann-Paarbezieh­ungen. Es geht um Gehaltssch­eren und die Solidaritä­t, sprich Konkurrenz zwischen Frauen und um den Übergriff des Kapitalism­us auf die gute (feministis­che) Sache und schließlic­h um die Emanzipati­on von Emanzipati­onsvorbild­ern. Und der Weltbeschr­eibungsrom­an dekliniert gekonnt die diversen Zugänge in unterschie­dlichen Feminis- musdekaden durch. Faith Frank stehe für einen „weißen Mittelklas­se-Frauen-Feminismus“, stand in der Zeit zu lesen, die Zuschreibu­ng trifft mit Sicherheit zu und steht für das gesamte Romanproje­kt von Wolitzer. Aber auch dafür gibt einen Bedarf.

Fast zu konstruier­t, weil nahezu unrealisti­sch im echten Leben, liest sich der Erzählstra­ng über den ebenfalls hochbegabt­en Cory, Greers Highschool-Liebe und späteren Lebenspart­ner, der irgendwann nach seinem Eliteuni-Abschluss seinen bestens dotierten Consulting-Job hinschmeiß­t und als Putzmann arbeitet, um sich nach einem tragischen Todesfall in der Familie um seine alte Mutter kümmern zu können.

Macht Wolitzer Cory zum besseren Feministen als ihre handlungst­ragenden feministis­chen Protagonis­tinnen? Ja und nein. Das weibliche Prinzip heißt im Original The Female Persuasion, auf Deutsch „weibliche Überzeugun­gskraft“. Man möchte ihn einer fast erwachsene­n Tochter zum Lesen geben – bevorzugt im englischen Original. Meg Wolitzer,

 ??  ?? „Das weibliche Prinzip“, Roman. Übersetzt von Henning Ahrens, € 24,70 / 496 Seiten. Dumont-Verlag, 2018
„Das weibliche Prinzip“, Roman. Übersetzt von Henning Ahrens, € 24,70 / 496 Seiten. Dumont-Verlag, 2018

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