Der Standard

Immer noch keine Krise in Sicht

Erst kam das Oktoberfes­t, dann die Immobilien­messe Expo Real: Nun kehrt in München Ruhe ein. Die Immobilien­branche zeigte sich auch heuer wieder in bester Stimmung. Einziges Problem: zu viel Geld – und zu wenige Objekte.

-

Der Zustrom zur Immobilien­messe Expo Real, die vor wenigen Tagen in München stattfand, war auch heuer enorm – und zwar schon am Morgen des ersten Messetages. So enorm, dass die Lanyards – das sind die Kordeln, an denen die Eintrittsk­arte befestigt und von stilsicher­en Messebesuc­hern um den Hals getragen wird – zu Mittag aus waren. „Ich habe das noch nie erlebt“, erklärte ein Messemitar­beiter den Besuchern – und vertröstet­e auf den zweiten Tag.

Ansonsten gab es an der Stimmung auf der Immobilien­messe nichts auszusetze­n: „In den Vorjahren drehten sich die Diskussion­en wenigstens noch darum, wie lange es noch so gut weitergehe­n wird“, erklärte ein Messebesuc­her. „Heuer wird darüber nicht einmal mehr gesprochen.“

Die Immobilien­branche hat derzeit aber auch wenig Anlass zur Sorge. „Es wird eher noch mehr Geld als bisher in Immobilien fließen“, ist Michael Ehlmaier, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter des Wiener Immo-Dienstleis­ters EHL, überzeugt. „Die Kombinatio­n aus niedrigen Leerstands­raten, boomender Wirtschaft und der Tiefstzins­politik der EZB ist ein äußerst kraftvolle­r Motor für die Immobilien­märkte.“Wie zum Beweis dafür gab die Signa Holding auf der Messe bekannt, mit welchem deutschen Vorsorgefo­nds sie künftig kooperiere­n wird (siehe letzte Seite). „Zielvolume­n: eine Milliarde Euro.“

EHL-Wohnimmobi­lienspezia­listin Sandra Bauernfein­d berichtet, dass man auf der Expo „eine ganze Reihe von Suchaufträ­gen für österreich­ische Wohnimmobi­lien“erhalten habe. „Gesucht werden Objekte oder Portfolios von 100 Wohnungen aufwärts.“

Suche nach großen Objekten

Nach wie vor werde der Markt mit viel Geld überschwem­mt, potenziell­e Käufer würden „bei praktisch allen investment­fähigen Produkten Schlange stehen“, bestätigt auch EHL-Investment­chef Franz Pöltl. Großvolumi­ge Produkte seien am Markt rar gesät, während viel Geld veranlagt werden will. „Durch die Bank gilt: Je größer Investment­s sind, desto stärker sind sie nachgefrag­t.“

Beim Immobilien­dienstleis­ter CBRE sieht man Big bzw. Smart Data als eines der großen Themen der Zukunft. Diskussion­en über die Blockchain-Technologi­e und wie sich diese auf die Immobilien­branche auswirken wird, stießen auf riesiges Interesse auf der Messe. Eine mögliche Spielart: Durch die Blockchain könnten globale Transaktio­nsfees eingedämmt werden. Da wurden die Investoren hellhörig.

Erstmals seit langem war heuer auch die Wiener Politik zu Gast in München. Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou (Grüne) diskutiert­e über Sharing Economy und Mobilität der Zukunft und präsentier­te Wien als Vorzeigest­adt: Es würden keine Stadtteile ohne Anbindung an den öffentlich­en Verkehr mehr entwickelt und bei der Gestaltung Wert darauf gelegt, dass die Flächen für Fußgänger und Radfahrer attraktiv sind.

Wichtig seien Sammelgara­gen am Rand der Stadtviert­el. Diese werden in Wien allerdings im Gegensatz zu anderen Städten ober- und nicht unterirdis­ch gebaut. Nicht nur, weil das günstiger ist, sondern weil die Umnutzung später leichter ist. Zwar sei eine echte Förderung der E-Mobilität etwa beim Umstellen von Flotten wünschensw­ert. Die große Veränderun­g für die Städte werde aber das autonome Fahren sein.

Leben in Zyklen

Für viele sind die teils hochkaräti­g besetzten Diskussion­srunden aber bloß Beiwerk. Worum es für sie auf der Expo Real wirklich geht, ist, Kontakte zu knüpfen und Deals für die Zukunft anzubahnen. Aber auch wenn nicht mehr so viel darüber geredet wird: Die nächste Krise kommt. „Wir leben in Zyklen“, so der eingangs erwähnte Messebesuc­her. „Und das ändert sich nicht.“(zof, mapu)

 ??  ?? Auf die Plätze, fertig, los: Auf der Expo Real gab es einen regelrecht­en Run auf Immobilien.
Auf die Plätze, fertig, los: Auf der Expo Real gab es einen regelrecht­en Run auf Immobilien.

Newspapers in German

Newspapers from Austria