„Ich hab gerüttelt an ihm“
Während die meisten Gespräche im Rahmen von „Österreich spricht“erst für Samstag angesetzt waren, stellten sich einige Paare schon vorab der Diskussion. So auch Techniker Mehrdad Madjdi und Neos- Gründer Matthias Strolz, die in einem Wiener Restaurant übe
Mit dem geplanten Gesprächspartner hat es dann doch nicht geklappt. Der lag krank zu Hause, und Matthias Strolz hatte zwei Stunden vor dem angesetzten Date plötzlich kein Visavis mehr. Dann schoss die Spontanität in Mehrdad Madjdi. Auf die kurzfristige Anfrage des STANDARD, ob er im Zuge der Aktion „Österreich spricht“binnen 120 Minuten auf den Parteigründer der Neos treffen wolle, antwortete der 56-jährige Projektmanager mit Ja. Auch bei ihm hatte der erste Anlauf nicht geklappt. So ließ Madjdi seine Arbeitskollegen in der Besprechung sitzen und machte sich auf den Weg in den siebten Wiener Bezirk. Strolz, der Fleischesser, hatte ein vegetarisches Lokal gewählt.
Die Ausgangslage: Bei fünf von sieben Fragen, die vorab online beantwortet wurden, lagen die beiden Freunde des gepflegten Diskurses auseinander. Dabei ging es um ihre Einschätzung zur Regierungsarbeit, Donald Trump, Europas Außengrenzen, den Islam – und die ethische Seite der Massentierhaltung. Herr Madjdi kam mit der Absicht, Politiker, zu deren Berufsstand auch Strolz bis vor kurzem zählte, „etwas mehr vom tatsächlichen Leben der Leute“wissen zu lassen. Strolz hatte „gedacht, ihr schickts mir einen kämpferischen Kommunisten“, war aber ebenso interessiert an der Lebensgeschichte seines aus dem Iran stammenden Gegenübers: „Wie kommt er zu den Meinungen, die er hat?“
Zum Warmreden widmete man sich dem amerikanischen Präsidenten. Für Strolz, der die Frage, ob Trump gut für die Welt ist, mit Nein angekreuzt hatte, ist dieser, kurz gefasst, ein „Hofnarr“, der in einer Zeit des Übergangs von überkommenem Alten zu angsteinflößendem Neuen als „Katalysator“wirken kann. Madjdi, der Ja angeklickt hatte, befand im persönlichen Gespräch dann: „Aus heutigem Blickwinkel ist Trump eine Katastrophe. Aber denken wir 100 Jahre weiter – ob er dann immer noch wie ein Trottel dastehen wird?“Man war sich einig: Dem Thema kann man sich durchaus dialektisch nähern.
Zum Hauptgericht gab es Gemüsecurry für den Magen, Spiri- tuelles für den Geist – auch wenn der Techniker aus Teheran dieses Thema eigentlich meiden wollte. Hilft nichts, ein Strolz lässt nicht locker. „Ich hab ein bisschen gerüttelt an ihm, habe geschaut, ob ich die Emotion in ihm wecken kann“, erklärte der Neo(s)-Privatier später, „aber er hat widerstanden, er ruht weiter in sich.“
„Sie sind kein Opfer“
Auch in Sachen Massentierhaltung wurde man nicht einig. Solange sein Fleisch aus Österreich mit seinen strengen Tierschutzgesetzen komme und er es bewusst reduziert konsumiere, sei alles in Ordnung, befand Herr Madjdi. Nein, Bio muss sein, schlug Strolz einen Pflock ein und konfrontierte Vielraucher Madjdi mit einer gewagten Rechnung. Sie lautete: weniger Geld für Zigaretten, dafür mehr für Qualitätsfleisch ausgeben. „Sie sind kein Opfer, Sie können das selbst entscheiden!“
Am Ende des Gesprächs wurde resümiert. „Eine Herausforderung“war’s, erklärte Herr Madjdi. Strolz gefiel das „unaufgeregt Zeitlose“, das er in seinem Gegenüber erkannt haben will. Das habe großen Appeal für ihn, „weil ich ja beide Pole in mir habe“. Nachsatz: „Ich weiß, den Ruhigen kennt man öffentlich nicht so gut.“