Der Standard

Bei Annullieru­ng haben Kunden Anrecht auf den nächsten Flug

Bei einer Flugannull­ierung muss die Airline die frühestmög­liche Ersatzbefö­rderung anbieten. Tut sie es nicht und organisier­t sich der Passagier ein Flugticket selbst, hat er Anrecht auf vollen Kostenersa­tz.

- Eric Frey

Eine Flugpassag­ierin aus Österreich sitzt am Abend am Flughafen von Düsseldorf fest: Der Flug wurde aufgrund technische­r Probleme bei der Flugsicher­ung in Wien annulliert. Am Schalter der Airline teilt ihr eine Mitarbeite­rin mit, dass der nächste Flug erst am nächsten Tag nachmittag­s oder abends möglich sei. Die Frau muss jedoch spätestens am nächsten Tag zu Mittag in Wien sein.

Daraufhin wird ihr vorgeschla­gen, mit dem Nachtzug nach Wien zu fahren – mit Umsteigen in Frankfurt/Main. Nebenbei wird sie an den Schalter einer anderen Fluglinie verwiesen, die noch am selben Abend zwei Flüge nach Wien durchführe. Dort könne sie ja einmal nachfragen.

Für den Flug nach Wien sind bei der anderen Airline zwar keine Sitze mehr frei, aber sehr wohl für einen Abendflug nach Salzburg. Die Frau bucht diesen Flug und bezahlt ihn aus eigener Tasche. Von Salzburg fährt sie mit dem Zug weiter nach Wien. Die Kosten für Flug- und Bahnticket fordert sie dann von der Fluglinie, mit der sie ursprüngli­ch fliegen wollte, zurück.

Diese lehnt das Ansinnen mit dem Argument ab, man habe der Frau ohnehin den frühestmög­lichen Rückflug am nächsten Tag angeboten. Vor dem Erstgerich­t kommt das Unternehme­n damit durch. Die Frau geht in Berufung und erhält vor dem Berufungsg­ericht recht: Die Fluglinie hätte der Kundin neben dem eigenen Flug am nächsten Tag auch eine Umbuchung auf den Flug einer anderen Fluglinie vorschlage­n müssen.

„Vergleichb­are Bedingunge­n“

Der Oberste Gerichtsho­f schloss sich dieser Rechtsansi­cht an (OGH, 29. 8. 2018, 1 Ob 133/18t). „Die Kundin ist als Passagieri­n nach der Europäisch­en Fluggastre­chteverord­nung berechtigt, vom Luftfahrtu­nternehmen eine anderweiti­ge Beförderun­g zum Endziel unter vergleichb­aren Reisebedin­gungen zum frühestmög­lichen Zeitpunkt zu fordern“, heißt es in der Presseauss­endung des OGH. Durch den bloßen Verweis auf den Schalter einer anderen Fluglinie kam sie dieser Pflicht nicht nach. Auch die angebotene Bahnfahrt entspricht nicht der Definition von „unter vergleichb­aren Reisebedin­gungen“.

Für gestrandet­e Flugpassag­iere ist dies eine gute Nachricht: Werden sie bei einer Flugannull­ierung nicht auf den nächstmögl­ichen Flug – egal, bei welcher Fluglinie – umgebucht, können sie selbst ein entspreche­ndes Flugticket erwerben und von der Airline den Kostenersa­tz einfordern.

 ??  ?? Bei stornierte­n Flügen muss die Fluglinie auch eine Umbuchung auf eine andere Airline anbieten. Ein Bahnticket tut es nicht. Wien
Bei stornierte­n Flügen muss die Fluglinie auch eine Umbuchung auf eine andere Airline anbieten. Ein Bahnticket tut es nicht. Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria