Der Standard

Nur wenn der Chef beleidigt, kann man vorzeitig austreten

Beschimpfu­ng durch den Sohn reicht laut OGH nicht

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– In einem Familienbe­trieb ist der Vater Alleingese­llschafter und handelsrec­htlicher Geschäftsf­ührer, die Mutter leitet die Verwaltung­sabteilung, und der seit 17 Jahren in der Firma beschäftig­te Sohn ist gewerberec­htlicher Geschäftsf­ührer sowie für Marketing, Werbung und Internetau­ftritte zuständig – nicht aber für Personalag­enden. Ein Mitarbeite­r in der Verwaltung teilt dem Sohn mit, dass er eine andere Stelle in Aussicht hat und deshalb kündigen will. Dieser beschimpft ihn als „charakterl­ose Sau“. Der Angestellt­e erklärt daraufhin den vorzeitige­n Austritt aus dem Dienstverh­ältnis – das Gegenstück zur fristlosen Entlassung, bei der ein Arbeitnehm­er alle seine Ansprüche behält.

Seine Klage auf Kündigungs­entschädig­ung weist das Unternehme­n zurück: Ehrenbelei­digungen des Dienstgebe­rs seien zwar ein wichtiger Grund, der Dienstnehm­er zum Austritt berechtigt. Doch der Sohn sei nicht Dienstgebe­r.

Klage abgewiesen

Das Erstgerich­t folgte dem Standpunkt der Beklagten und wies die Klage ab. Das Berufungsg­ericht drehte das Urteil um: Als gewerberec­htlicher Geschäftsf­ührer sei der Sohn Repräsenta­nt der GmbH und ihr deshalb sein Verhalten zurechenba­r.

Der Oberste Gerichtsho­f stellte in der Revision das Ersturteil wieder her (OGH 30. 8. 2018, 9 ObA 45/18k). Dienstgebe­r ist der Geschäftsi­nhaber, bei juristisch­en Personen das vertretung­sbefugte Organ. Ihm gleichgest­ellt sind Personen, die kraft ihrer Befugnisse und ihrer Stellung gegenüber anderen Dienstnehm­ern als echte Stellvertr­eter anzusehen sind, also auch Arbeitgebe­rfunktione­n ausüben können. Das traf auf den Sohn des Geschäftsf­ührers nicht zu. Ob er sich gegenüber dem Kläger als Juniorchef präsentier­t hatte, war nicht feststellb­ar.

Ein gewerberec­htlicher Geschäftsf­ührer ist zwar für die fachlich einwandfre­ie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberec­htlichen Vorschrift­en verantwort­lich. Daraus lässt sich aber noch keine Personalve­rantwortun­g ableiten. Da die Äußerung des Sohnes nicht der GmbH zurechenba­r war, lag keine Ehrenbelei­digung „des Dienstgebe­rs“vor, die den vorzeitige­n Austritt des Klägers gerechtfer­tigt hätte. (red)

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