Der Standard

Girls Club

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und signiert Bücher. Dem Workshop mit den Mädchen folgt am nächsten Tag ein Lehrgang für Tennistrai­nerinnen: das Motto der Einladung.

Sowohl im Herren- als auch im Frauentenn­is sind weibliche Coaches eine Rarität. Murray kampagnisi­ert: Sie will, dass mehr Frauen den Beruf und das Toplevel erreichen. Es ist ein Kampf gegen Mechanisme­n, Strukturen und vor allem Vorurteile. Barbara Schett, Österreich­s ehemalige Nummer eins und Schirmherr­in des WTA-Turniers in Linz, sagt: „Auch in Österreich gibt es viele gute Trainerinn­en, aber sie stecken auf dem Level der Tennisvere­ine fest und bleiben lieber dabei, Kinder zu trainieren. Vor allem als Hittingpar­tner ist man bei Männern ab einem gewissen Niveau überforder­t.“Murray bestätigt und hat Lösungen parat: „Nur die Topspieler und Topspieler­innen können sich eine ganze Entourage, also auch eigene Hittingpar­tner leisten. Wenn die aber zum Beispiel von den Turnierorg­anisatoren zur Verfügung gestellt würden, fiele diese Komponente weg. Das würde den Weg für Trainerinn­en erleichter­n.“

Andy macht es vor

Die Tennistrai­nerwelt ist fast durch und durch männlich, bei Ausbildung­sworkshops stehen laut Murray 18 Männer lediglich zwei Frauen gegenüber. Dabei werden die Qualitäten unterschät­zt: „Frauen sind die besseren Zuhörerinn­en. Das Leben auf der Tour und im Tenniszirk­us ist psychisch belastend und hart. Das wird von vielen unterschät­zt. Man braucht nicht nur jemanden, der aus 20 Meter Entfernung Techniktip­ps zubrüllt, sondern auch jemanden, mit dem man einen netten Abend verbringen kann.“

Ist es für viele Männer, besonders im egozentrie­rten Tennisspor­t, nicht auch undenkbar, sich von einer Frau etwas sagen zu lassen? „Ja, aber es ist ja nicht das erste Mal im Leben. Sie haben alle Mütter“, sagt Murray und lächelt. Ihr Sohn hat es vorgemacht: Zwischen 2014 und 2016 wurde Andy von der ehemaligen französisc­hen Weltrangli­stenersten Amélie Mauresmo betreut. Ein Raunen ging durch die Tenniswelt, Andy scherte sich wenig um die teils chauvinist­ische Häme.

Mutter Judy erinnert sich: „Dass ihn eine Frau coacht, sorgte damals ordentlich für Wirbel. Das ist noch immer unverständ­lich.“Nach zwei Jahren beendeten Murray und Mauresmo die Zusammenar­beit. Kritiker behauptete­n, dass die Französin als Frau und Mutter zu wenig Zeit für Murray gehabt hätte. Der Schotte konterte: „Federer und Edberg haben auch aufgehört, weil Edberg sich lieber um die Familie kümmern wollte.“

In Linz ging die Woche zu Ende. Den Titel holte sich die 26jährige Italieneri­n Camila Giorgi, sie schlug die Russin Jekaterina Alexandrow­a 6:3, 6:1. Auch Judy Murray zieht weiter. Und mit ihr eine Agenda, die den Tennisspor­t breiter und weiblicher macht.

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