Der Standard

Das WTA-Turnier in Linz ist zu Ende. Zu Gast war neben der Siegerin Camila Giorgi auch Judy Murray. Die Schottin tourt, um mehr Mädchen im Tennis zu halten und mehr Frauen als Coaches zu gewinnen.

- Andreas Hagenauer

Die Fanfare tönt durch die Halle und beendet die Übung. Ein Mädchen lässt einen Tennisball fallen, er kullert über den Platz. Auf dem Nebencourt der Linzer Tips-Arena liegen Reifen, Tücher und Tennisschl­äger. Die Farbe Rosa dominiert. Die rund 25 Mädchen im Alter von fünf bis acht Jahren drehen sich zu Judy Murray und ihrer Übersetzer­in. Auf der Tribüne spielen zwei Buben Abfangen. Ein anderer starrt auf sein Handy, er wirkt ein bisschen gelangweil­t. Mamas und Papas machen Fotos von ihren Töchtern. Auf dem Centercour­t nebenan schlagen sich die Spielerinn­en für das Semifinale der Upper Austria Open ein.

Was auf den ersten Blick wie die Turnstunde eines Mädchenint­ernats wirkt, hat Konzept. Murrays Programm „Misshits“soll junge Mädchen für den Tennisspor­t begeistern und vor allem behalten: „Gerade in diesem Alter sind Buben laut und wild. Das schreckt viele Mädchen ab, und sie verlieren den Spaß am Tennis“, beschreibt die 59-jährige die Idee hinter dem Programm. Dabei wird getanzt, geworfen, gespielt. Tennisschl­äger sind kein Muss, bei einer Übung spielen die Mädchen mit Luftballon­s. Buben sind absichtlic­h keine dabei.

Murray hat Ahnung von Tennis. Die Schottin gewann 64 nationale Titel, zwischen 2011 und 2016 war sie Kapitänin des britischen FedCup-Teams. Als Spielerin kam ihre Karriere zwar nie so richtig in Schwung, sie konzentrie­rte sich aber ohnehin lieber auf ihr Studium und die Ausbildung zum Tenniscoac­h. Im Februar 1986 kam ihr erster Sohn Jamie zur Welt, Andy folgte im Mai 1987. Er sollte zum Aushängesc­hild des britischen Tennis werden. Insgesamt holte Andy 45 Einzeltite­l, darunter drei Grand-Slam-Turniere und wurde 2016 Nummer eins der Welt. „Eigentlich ist aber Jamie die Nummer eins. Er kam ja zuerst raus“, sagt Mutter Judy in Linz. Jamie ist vor allem ein formidable­r Doppelspie­ler, auch er war im Duo Weltrangli­stenprimus.

Mütterlich­e Öffentlich­keit

Zuweilen wird Murray von der Öffentlich­keit auf ihre Mutterroll­e reduziert, mit dem Label „berühmtest­e Tennismutt­er der Welt“kann sie aber leben, sehr gut sogar: „Ich nütze meinen Status, um Themen anzusprech­en. Natürlich hilft es, dass man mich kennt. So werde ich gehört.“Beim WTA-Turnier in Linz ist die Schottin Stargast. Sie schreibt Autogramme, posiert für Fotos

 ??  ?? Judy Murray hat noch viel Arbeit vor sich. Tennis wird vor allem von Männern trainiert. Junge Mädchen verlieren schon früh die Lust am Spiel mit Schläger und Ball. Reine Mädchencam­ps sollen helfen.
Judy Murray hat noch viel Arbeit vor sich. Tennis wird vor allem von Männern trainiert. Junge Mädchen verlieren schon früh die Lust am Spiel mit Schläger und Ball. Reine Mädchencam­ps sollen helfen.

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