Das WTA-Turnier in Linz ist zu Ende. Zu Gast war neben der Siegerin Camila Giorgi auch Judy Murray. Die Schottin tourt, um mehr Mädchen im Tennis zu halten und mehr Frauen als Coaches zu gewinnen.
Die Fanfare tönt durch die Halle und beendet die Übung. Ein Mädchen lässt einen Tennisball fallen, er kullert über den Platz. Auf dem Nebencourt der Linzer Tips-Arena liegen Reifen, Tücher und Tennisschläger. Die Farbe Rosa dominiert. Die rund 25 Mädchen im Alter von fünf bis acht Jahren drehen sich zu Judy Murray und ihrer Übersetzerin. Auf der Tribüne spielen zwei Buben Abfangen. Ein anderer starrt auf sein Handy, er wirkt ein bisschen gelangweilt. Mamas und Papas machen Fotos von ihren Töchtern. Auf dem Centercourt nebenan schlagen sich die Spielerinnen für das Semifinale der Upper Austria Open ein.
Was auf den ersten Blick wie die Turnstunde eines Mädcheninternats wirkt, hat Konzept. Murrays Programm „Misshits“soll junge Mädchen für den Tennissport begeistern und vor allem behalten: „Gerade in diesem Alter sind Buben laut und wild. Das schreckt viele Mädchen ab, und sie verlieren den Spaß am Tennis“, beschreibt die 59-jährige die Idee hinter dem Programm. Dabei wird getanzt, geworfen, gespielt. Tennisschläger sind kein Muss, bei einer Übung spielen die Mädchen mit Luftballons. Buben sind absichtlich keine dabei.
Murray hat Ahnung von Tennis. Die Schottin gewann 64 nationale Titel, zwischen 2011 und 2016 war sie Kapitänin des britischen FedCup-Teams. Als Spielerin kam ihre Karriere zwar nie so richtig in Schwung, sie konzentrierte sich aber ohnehin lieber auf ihr Studium und die Ausbildung zum Tenniscoach. Im Februar 1986 kam ihr erster Sohn Jamie zur Welt, Andy folgte im Mai 1987. Er sollte zum Aushängeschild des britischen Tennis werden. Insgesamt holte Andy 45 Einzeltitel, darunter drei Grand-Slam-Turniere und wurde 2016 Nummer eins der Welt. „Eigentlich ist aber Jamie die Nummer eins. Er kam ja zuerst raus“, sagt Mutter Judy in Linz. Jamie ist vor allem ein formidabler Doppelspieler, auch er war im Duo Weltranglistenprimus.
Mütterliche Öffentlichkeit
Zuweilen wird Murray von der Öffentlichkeit auf ihre Mutterrolle reduziert, mit dem Label „berühmteste Tennismutter der Welt“kann sie aber leben, sehr gut sogar: „Ich nütze meinen Status, um Themen anzusprechen. Natürlich hilft es, dass man mich kennt. So werde ich gehört.“Beim WTA-Turnier in Linz ist die Schottin Stargast. Sie schreibt Autogramme, posiert für Fotos