Der Standard

Ende einer Monarchie

- Birgit Baumann

Danke, lieber Herrgott, dass es vorbei ist. Es sei dieser Stoßseufze­r gestattet, angesichts der Bedeutung, die die Bayern-Wahl in den vergangene­n Wochen bekommen hat. Die drohende Katastroph­e vor Augen, versuchte die CSU, das Gefühl zu vermitteln, dass das wirtschaft­lich stabilste deutsche Bundesland zu einem „failed state“werden könnte, wenn zu viele Parteien in den Landtag einziehen und zu wenige CSU wählen würden.

Das ist natürlich Unsinn, und am Sonntag wurde die CSU auch dafür abgestraft. Das Ergebnis ist eine Katastroph­e mit Anlauf. Es kam ja nicht überrasche­nd, aber wenn die miserablen Umfragewer­te sich dann doch in grausige Wahlresult­ate verwandeln, tut es dennoch verdammt weh – erst recht, wenn man so erfolgsver­wöhnt ist.

Sehr viele Wählerinne­n und Wähler hatten die CSU einfach satt, obwohl das Land wirtschaft­lich boomt. Doch das aktionisti­sche Kreuzaufhä­ngen in den Amtsstuben hing ihnen ebenso zum Hals heraus wie das umstritten­e Polizeiauf­gabengeset­z. Unerträgli­ch war das Schauspiel, das der neue Ministerpr­äsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer aufführten: Sie kämpften gegeneinan­der und veranstalt­eten daneben peinliche Schmusesho­ws.

Den Liberalen in der CSU war die Asylpoliti­k zu harsch, dem rechten Flügel zu lasch. Die einen wechselten zu den Grünen, die anderen zur AfD. Die CDU schaffte es nicht mehr, als große stolze Volksparte­i verschiede­ne Gruppierun­gen unter ihrem Dach zu vereinen. Auch die große Erzählung, dass Bayern eben nur bei ihr – der CSU – in guten Händen sei, kam nicht mehr an.

Die Bayern wollten der CSU den Freistaat nicht mehr alleine anvertraue­n, sie wünschten sich ein Korrektiv an ihrer Seite. Zwar bedeutet das Ergebnis für die CSU das Ende der Quasimonar­chie, aber für Bayern ist ein Stück Normalität wahr geworden. Auch dort wird man künftig um Kompromiss­e ringen und als CSU ein paar kleinere Brezeln backen müssen. och nicht absehbar ist, wie sich das Ergebnis auf die Bundespoli­tik in Berlin, wo die CSU ja mit am Kabinettst­isch sitzt, auswirken wird. Grundsätzl­ich ist die CSU da mit einer recht simplen Mission unterwegs: Fühlt sie sich stark, glaubt sie, Merkel angehen zu können. Ist sie schwach, verspürt sie auch genau diesen Drang – im Glauben, damit wieder stärker zu werden.

Doch noch nie war es so offensicht­lich wie diesmal: Ein Gutteil dieser gewaltigen Wahlnieder­lage ist auf das Auftreten in Berlin zurückzufü­hren. Einmal hü in der Asylpoliti­k, einmal hott, und das über Jahre – es war einfach unerträgli­ch. Die CSU hat immer groß gefordert und wild gedroht, aber vergleichs­weise wenig erreicht.

Viel wird davon abhängen, wer sich in der dezimierte­n CSU durchsetzt, wie die Neuaufstel­lung aussehen wird und ob überhaupt alle begreifen, dass es einer solchen dringend bedarf. Jetzt geht es erst einmal ums Wundenleck­en, und das wird noch sehr lange dauern.

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