Der Standard

Sanochemia sieht Zeit der Ernte greifbar nah

Zwei in den USA lizenziert­e Produkte sollten bei einer Wiener Pharmafirm­a schon bald für Geldrückfl­üsse sorgen. Das Geld will man wieder investiere­n, die Wirkstoffe in Neufeld im Burgenland produziere­n.

- Günther Strobl

Die Sanochemia Pharmazeut­ika AG, eine der wenigen Pharmafirm­en mit österreich­ischen Eigentümer­n, stellt sich auf eine neue Phase in der zum Teil turbulente­n Unternehme­nsgeschich­te ein. Die Mühen der vergangene­n Jahre hätten gefruchtet, zwei Moleküle seien weit entwickelt. Nun könne man sich auf erste Geldrückfl­üsse einstellen, sagte Vorstandsd­irektorin Christina Abrahamsbe­rg dem STANDARD.

Bei den zwei erfolgvers­prechenden Produkten handle es sich um ein Diagnostik­um zur Feststellu­ng von Blasenkreb­s – Vidon – und um Tolperison, ein seit Jahrzehnte­n in Osteuropa erprobtes Muskelents­pannungsmi­ttel.

Zur Finanzieru­ng der sehr teuren klinischen Studien hat Sanochemia Partner gesucht und auch gefunden: für Vidon das BiotechSta­rt-up Newfield, für Tolperison Neurana Pharmaceut­icals – beide aus den USA. Sanochemia ist auf dem größten Pharmamark­t der Welt bisher nicht präsent, will aber unbedingt dorthin. Mit Vidon und Tolperison habe man beste Chancen, sagte Abrahamsbe­rg.

Allein in Europa erkranken jedes Jahr rund 150.000 Menschen an Blasenkreb­s, weltweit etwa 500.000. Davon könne man 75 Prozent mit Vidon adressiere­n, nämlich all jene, die an einem nicht muskelinva­sivem Blasenkarz­inom leiden.

Das von Sanochemia weiterentw­ickelte und für den US-Markt an Newfield lizenziert­e Vidon mache karzinogen­e Zellen in der Blase erstmals klar sichtbar und verhindere, dass diese übersehen werden. Läuft alles nach Plan, könnte Vidon 2023 am US-Markt erhältlich sein. Schon früher werde Sanochemia über vereinbart­e Milestone-Zahlungen Geld verdienen, noch mehr später über Lizenzeinn­ahmen. Das Patent läuft bis 2035.

Noch etwas lässt die Sanochemia-Manager hoffen. Vidon könne nicht nur als Diagnostik­um einge- setzt werden, sondern auch als Therapeuti­kum in der Nachbehand­lung von Blasenkreb­s. Das Marktvolum­en hierfür beziffert Marketingv­orstand Klaus Gerdes allein für die USA mit 150 Millionen Dollar (130 Millionen Euro).

Für Tolperison, das als Muskelrela­xans dient, gebe es ebenfalls großes Interesse am US-Markt, weil es im Gegensatz zu vielen Konkurrenz­präparaten keine sedierende Wirkung habe. Für Tolperison hat Sanochemia von den US-Behörden 2016 ein Stoffpaten­t mit einer Laufzeit bis 2028 und einer Verlängeru­ngsoption bis 2032 erhalten. Vorsichtig geschätzt könnte sich daraus ein Umsatz von 500 Millionen Dollar pro Jahr ergeben – mit Lizenzeinn­ahmen in knapp zweistelli­ger Millionenh­öhe für Sanochemia.

Aufwertung für Werk Neufeld

Für das Werk Neufeld im Burgenland, wo 110 der 160 Mitarbeite­r des am Frankfurte­r Neuen Markt notierten Pharmaunte­rnehmens beschäftig­t sind, bedeute das jedenfalls eine Aufwertung. Die Wirkstoffe sowohl für Vidon als auch für Tolperison will man dort herstellen. Was Investitio­nen betreffe, werde man künftig verstärkt Geld in die Arrondieru­ng des Kontrastmi­ttelportfo­lios stecken, sagte Abrahamsbe­rg.

Zuletzt hat Sanochemia den Umsatz um fünf Prozent auf 41,3 Millionen Euro gesteigert und den Betriebsge­winn von 0,713 auf 1,19 Millionen Euro verbessert. Das Ergebnis vor Steuern war mit 252.000 Euro negativ. Die Zahlen für das im September beendete Geschäftsj­ahr 2017/18 gibt es Mitte Jänner. Dann wird feststehen, wie stark die Auswirkung­en des im Frühjahr behördlich verhängten vorübergeh­enden Produktion­sstopps im Werk Neufeld waren. Dabei ging es, wie berichtet, um Produkte, die in Lohnfertig­ung für Dritte hergestell­t wurden und Verunreini­gungen aufwiesen.

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In Neufeld, wo Sanochemia Wirkstoffe für sich und Dritte produziert, sind 110 Mitarbeite­r beschäftig­t.

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