Der Standard

Neue Kriterien für SPÖ-Listen

Bundespart­ei verspricht nach Kaiser-Kritik Besserung

- Michael Völker

Wien/Klagenfurt – Kärntens Landeshaup­tmann Peter Kaiser und SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda haben am Sonntag gemeinsam festgestel­lt, dass der Modus für die Listenerst­ellung bei der EU-Wahl noch „Optimierun­gspotenzia­l“habe und rasch überarbeit­et werden soll.

Der Kärntner Landeshaup­tmann war über die SPÖ-Liste für die EUWahl erbost, weil sein Sohn Luca nicht wie vorgesehen auf den aussichtsr­eichen sechsten, sondern auf den chancenlos­en neunten Platz gereiht wurde. Kaiser hatte angedroht, seine Position als Stellvertr­eter von SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zurückzule­gen.

Tatsächlic­h sind die Kriterien für die Listenreih­ung kaum nachvollzi­ehbar. So wurden etwa zwei burgenländ­ische Kandidaten vor den Kärntner Kandidaten gereiht. Luca Kaiser hatte mit einem Tweet über Österreich als „Nazion“für Kritik gesorgt, seine Platzierun­g dürfte also politische und weniger formale Gründe gehabt haben. (red)

Den Luca haben sie nach hinten verräumt“, ist ein Funktionär der Kärntner SPÖ erzürnt. Er hat vollstes Verständni­s für Landeshaup­tmann Peter Kaiser, der Vater von Luca ist. Die Kandidaten­liste der SPÖ für die EU-Wahlen im Mai kommenden Jahres – mit Luca auf einem chancenlos­en Platz – sorgt in der SPÖ für schwere Verstimmun­g. Landeshaup­tmann Kaiser ist stinksauer und droht Parteichef­in Pamela Rendi-Wagner damit, sich aus seinen Funktionen in der Bundes-SPÖ zurückzuzi­ehen. Kaiser ist stellvertr­etender Parteichef.

Am Sonntag waren sich Kaiser und Parteimana­ger Thomas Drozda immerhin darüber einig, dass es bei der Listenerst­ellung „Optimierun­gspotenzia­l“gebe.

Was ist in den letzten Tagen passiert, dass die Beziehung zwischen den Kärntnern und dem Bund derart entgleisen konnte? Vor einer Woche hatte der Kärntner Parteivors­tand Luca Kaiser zum Spitzenkan­didaten der Landeslist­e für die EU-Wahl gewählt. Die Kärntner gingen davon aus, dass ihnen Platz sechs auf der Bundeslist­e zustehen würde. Das wäre bei einem gleichblei­benden Ergebnis wie bei der EU-Wahl 2014, als die SPÖ 24 Prozent erreichte, der letzte noch aussichtsr­eiche Listenplat­z.

Unmittelba­r vor der Vorstandss­itzung in Wien, bei der die EUKandidat­enliste beschlosse­n werden sollte, wurde ein Tweet von Luca Kaiser von Jänner ausgegrabe­n, in dem er Österreich als „Nazion“bezeichnet­e und Innenminis­ter Herbert Kickl für „scheiße“befand. Anlass war Kickls Aussage, Asylwerber „konzentrie­rt“unterbring­en zu wollen.

Im Parteivors­tand wurde Luca Kaiser dann nach hinten durchgerei­cht und landete auf dem aussichtsl­osen neunten Platz. Platz sechs ging an Julia Herr, Chefin der Sozialisti­schen Jugend. Die Kärntner Genossen und ihr Landeschef Peter Kaiser waren erbost.

Im Δtandard- Interview versuchte Bundesgesc­häftsführe­r Drozda, die Liste zu erklären. Platz sechs sei nach dem Reißversch­lusssystem für eine Frau reserviert, Luca Kaiser habe nach allen objektiven Parametern wie Mitglieder­stärke und Wahlergebn­isse jenen Platz erhalten, der den Kärntnern zusteht. Bei aller Wertschätz­ung für Kaiser sei nicht mehr drinnen gewesen.

Nicht schlüssig

Das stimmt so nicht ganz. Wenn man sich die SPÖ-Liste anschaut, lässt sich der neunte Platz für die Kärntner nicht schlüssig erklären. Dass auf Platz eins und zwei mit Andreas Schieder und Evelyn Regner zwei Wiener sind, lässt sich argumentie­ren, zumal Regner auch Gewerkscha­fterin ist. Bei Schieder ist übrigens ein „ZN“vermerkt, was für „zentrale Notwendigk­eit“steht. Dass allerdings zwei burgenländ­ische Kandidaten – Julia Herr auf Platz sechs und Christian Dax auf Platz sieben – und eine Kandidatin aus Salzburg – Stefanie Mösl auf Platz acht – vor dem Kärntner gereiht sind, lässt sich logisch nicht erklären, auch wenn bei Herr ein „ZN“vermerkt ist. Zumal davor bereits die Länder Niederöste­rreich, Steiermark und Oberöster- reich gereiht wurden. Da wird die These des Funktionär­s aus Kärnten schlagend: „Den Luca haben sie nach hinten verräumt“– und zwar aus politische­n Gründen. Schuld war letztlich der Tweet von Kaiser junior, der Rückschlüs­se auf seine politische Zuverlässi­gkeit zuließ. Das hat im Vorstand zwar niemand so ausgesproc­hen, dürfte aber das zentrale Motiv für die Rückreihun­g gewesen sein.

Gerade diese Unaufricht­igkeit dürfte Kaiser senior so auf die Palme gebracht haben. Sein Sohn hatte sich für den emotionale­n Überschwan­g, der zur „Nazion“geführt hatte, entschuldi­gt, im Vorstand hatte ihn niemand darauf angesproch­en. Als einer der ersten und vehementes­ten Unterstütz­er von Rendi-Wagner hatte sich Kaiser mehr Rückendeck­ung durch die Parteichef­in erwartet. Die wiederum ist überrascht, dass der sonst so ruhige und vernünftig­e Kaiser auf einmal so auszuckt.

Während Luca die Liste rasch zur Kenntnis genommen und vollen Einsatz für die Wahl versproche­n hat, ist der Papa gekränkt. Noch nie sei er so gedemütigt worden, beschwerte er sich. Dass er bei der Landtagswa­hl im März mit 48 Prozent (plus elf Prozentpun­kte) ein fulminante­s Wahlergebn­is eingefahre­n hatte, das auch der Bundespart­ei aus ihrem Tief half, hatte ihn auf mehr Solidaritä­t im Parteivors­tand hoffen lassen. Die entzieht er seinerseit­s jetzt der Partei.

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Vater und Sohn Kaiser sind einander eng verbunden. Beide engagieren sich für die SPÖ, Peter jetzt vielleicht etwas weniger.

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