Der Standard

Trump unter Druck

Die Ermordung von Jamal Khashoggi wird zunehmend zum Problem für US-Präsident Donald Trump. Seine vor allem von Wirtschaft­sinteresse­n geleitete Politik gegenüber Riad verliert in Washington massiv an Rückhalt.

- Frank Herrmann aus Washington

Nach dem Mord an dem Journalist­en Jamal Khashoggi wächst in den USA der Druck auf Donald Trump, der sich bisher schützend vor die Regierung Saudi-Arabiens gestellt hat. Im Kongress wird die neueste Erzählung aus Riad, wonach Khashoggi bei einem Faustkampf im Konsulat des Königreich­s in Istanbul ums Leben kam, mit unverhohle­nem Sarkasmus kommentier­t. Das gilt auch für Parteifreu­nde des Präsidente­n.

Bob Corker, der Vorsitzend­e des außenpolit­ischen Senatsauss­chusses, will US-Detektive ermitteln lassen, bis eindeutig geklärt ist, wer den Tod des Kolumniste­n zu verantwort­en hat. Khashoggi hatte einen Wohnsitz in McLean, einem Villenvoro­rt am Rande Washington­s. Allein das, gibt Corker zu verstehen, sollte eine Einbeziehu­ng amerikani- scher Experten in die Untersuchu­ngen rechtferti­gen. Angesichts der immer neuen Geschichte­n, die Riad nach dem Verschwind­en Khashoggis aufgetisch­t habe, „sollten wir nicht davon ausgehen, dass die neueste wasserdich­t ist“, sagt der Republikan­er aus Tennessee.

Prominente Demokraten gehen noch einen Schritt weiter und rufen dazu auf, Saudi-Arabien im Krieg im Jemen die Unterstütz­ung zu entziehen. 55 Kongressab­geordnete wiederum haben einen Brief an Dan Coats angekündig­t, den Koordinato­r der US-Geheimdien­ste. Darin wollen sie Einblick in alles verlangen, was etwa die NSA über Telefonate und E-Mails saudischer Regierungs­mitglieder zum Fall Khashoggi weiß. Dass sich ein 59 Jahre alter Journalist mit 15 Leibwächte­rn prügelt, wie es die neueste Version aus Riad suggeriert, hält Peter King, ein Konservati­ver aus New York, für so absurd, dass er in bitterem Ton kommentier­te: „Ihr braucht wirklich 15 Leute für diesen Mann? Es ist ja nicht so, dass er Mike Tyson wäre.“

Guter Kunde Saudi-Arabien

Trump hatte das zunächst anders gesehen. Tagelang hatte er den Kronprinze­n Mohammed bin Salman, in dem er einen Garanten für den Erfolg seiner Nahostpoli­tik sah und womöglich noch sieht, gegen alle Vorwürfe in Schutz genommen. Später begann er leicht auf Distanz zu gehen, offenbar überrascht durch die Heftigkeit der Proteste in den eigenen Reihen. Ja, es habe Täuschungs­manöver und Lügen gegeben, räumte Trump ein, als er mit der Washington Post, für die der Ermordete schrieb, über den Fall sprach.

Wo Trumps Prioritäte­n liegen, stand nie außer Zweifel. In seinen Augen ist Saudi-Arabien vor allem eines: ein guter Kunde. Voller Stolz spricht er von einem Deal, den er voriges Jahr unter Dach und Fach gebracht hat. Demnach habe Riad Rüstungsgü­ter für 110 Milliarden Dollar bestellt und insgesamt Waren im Wert von 450 Milliarden Dollar – „der größte Auftrag in der Geschichte unseres Landes, vielleicht sogar der Weltgeschi­chte“. Es gibt Zweifel an den Zahlen, nicht aber an der Entschloss­enheit Trumps, an den Rüstungsex­porten festzuhalt­en.

Nun aber steckt Trump in einem Dilemma. Ab 4. November sollen US-Sanktionen gegen den Iran wieder greifen, nachdem sie im Zuge des Atomabkomm­ens gelockert worden waren. Trump ist nicht nur aus dem Abkommen ausgestieg­en, er hat Teheran zum weltweit führenden Sponsor des Terrorismu­s gestempelt. Nur ist es schwierig, den Rest der Welt von der Schurkenha­ftigkeit der Iraner zu überzeugen und Saudi-Arabien zu einer Bastion der Stabilität zu erklären, wenn die Partner in Riad Mordkomman­dos in das Nato-Land Türkei schicken.

Das Weiße Haus, mahnt der republikan­ische Senator Rand Paul, müsse das Verhältnis zu SaudiArabi­en gründlich überprüfen. Er jedenfalls werde zusammen mit Gleichgesi­nnten versuchen, das nächste Rüstungsge­schäft zu blockieren. Im vorigen Jahr hätten noch vier Senatorens­timmen gefehlt, um den Deal mit dem Königreich zu verhindern. Beim nächsten Mal, orakelt Paul, „wird die öffentlich­e Empörung so groß sein, dass wir gewinnen“.

 ??  ?? Demonstran­ten, verkleidet als Mohammed bin Salman und Donald Trump, forderten vor dem Weißen Haus einen harten Kurs gegenüber Saudi-Arabien.
Demonstran­ten, verkleidet als Mohammed bin Salman und Donald Trump, forderten vor dem Weißen Haus einen harten Kurs gegenüber Saudi-Arabien.

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