Trump unter Druck
Die Ermordung von Jamal Khashoggi wird zunehmend zum Problem für US-Präsident Donald Trump. Seine vor allem von Wirtschaftsinteressen geleitete Politik gegenüber Riad verliert in Washington massiv an Rückhalt.
Nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi wächst in den USA der Druck auf Donald Trump, der sich bisher schützend vor die Regierung Saudi-Arabiens gestellt hat. Im Kongress wird die neueste Erzählung aus Riad, wonach Khashoggi bei einem Faustkampf im Konsulat des Königreichs in Istanbul ums Leben kam, mit unverhohlenem Sarkasmus kommentiert. Das gilt auch für Parteifreunde des Präsidenten.
Bob Corker, der Vorsitzende des außenpolitischen Senatsausschusses, will US-Detektive ermitteln lassen, bis eindeutig geklärt ist, wer den Tod des Kolumnisten zu verantworten hat. Khashoggi hatte einen Wohnsitz in McLean, einem Villenvorort am Rande Washingtons. Allein das, gibt Corker zu verstehen, sollte eine Einbeziehung amerikani- scher Experten in die Untersuchungen rechtfertigen. Angesichts der immer neuen Geschichten, die Riad nach dem Verschwinden Khashoggis aufgetischt habe, „sollten wir nicht davon ausgehen, dass die neueste wasserdicht ist“, sagt der Republikaner aus Tennessee.
Prominente Demokraten gehen noch einen Schritt weiter und rufen dazu auf, Saudi-Arabien im Krieg im Jemen die Unterstützung zu entziehen. 55 Kongressabgeordnete wiederum haben einen Brief an Dan Coats angekündigt, den Koordinator der US-Geheimdienste. Darin wollen sie Einblick in alles verlangen, was etwa die NSA über Telefonate und E-Mails saudischer Regierungsmitglieder zum Fall Khashoggi weiß. Dass sich ein 59 Jahre alter Journalist mit 15 Leibwächtern prügelt, wie es die neueste Version aus Riad suggeriert, hält Peter King, ein Konservativer aus New York, für so absurd, dass er in bitterem Ton kommentierte: „Ihr braucht wirklich 15 Leute für diesen Mann? Es ist ja nicht so, dass er Mike Tyson wäre.“
Guter Kunde Saudi-Arabien
Trump hatte das zunächst anders gesehen. Tagelang hatte er den Kronprinzen Mohammed bin Salman, in dem er einen Garanten für den Erfolg seiner Nahostpolitik sah und womöglich noch sieht, gegen alle Vorwürfe in Schutz genommen. Später begann er leicht auf Distanz zu gehen, offenbar überrascht durch die Heftigkeit der Proteste in den eigenen Reihen. Ja, es habe Täuschungsmanöver und Lügen gegeben, räumte Trump ein, als er mit der Washington Post, für die der Ermordete schrieb, über den Fall sprach.
Wo Trumps Prioritäten liegen, stand nie außer Zweifel. In seinen Augen ist Saudi-Arabien vor allem eines: ein guter Kunde. Voller Stolz spricht er von einem Deal, den er voriges Jahr unter Dach und Fach gebracht hat. Demnach habe Riad Rüstungsgüter für 110 Milliarden Dollar bestellt und insgesamt Waren im Wert von 450 Milliarden Dollar – „der größte Auftrag in der Geschichte unseres Landes, vielleicht sogar der Weltgeschichte“. Es gibt Zweifel an den Zahlen, nicht aber an der Entschlossenheit Trumps, an den Rüstungsexporten festzuhalten.
Nun aber steckt Trump in einem Dilemma. Ab 4. November sollen US-Sanktionen gegen den Iran wieder greifen, nachdem sie im Zuge des Atomabkommens gelockert worden waren. Trump ist nicht nur aus dem Abkommen ausgestiegen, er hat Teheran zum weltweit führenden Sponsor des Terrorismus gestempelt. Nur ist es schwierig, den Rest der Welt von der Schurkenhaftigkeit der Iraner zu überzeugen und Saudi-Arabien zu einer Bastion der Stabilität zu erklären, wenn die Partner in Riad Mordkommandos in das Nato-Land Türkei schicken.
Das Weiße Haus, mahnt der republikanische Senator Rand Paul, müsse das Verhältnis zu SaudiArabien gründlich überprüfen. Er jedenfalls werde zusammen mit Gleichgesinnten versuchen, das nächste Rüstungsgeschäft zu blockieren. Im vorigen Jahr hätten noch vier Senatorenstimmen gefehlt, um den Deal mit dem Königreich zu verhindern. Beim nächsten Mal, orakelt Paul, „wird die öffentliche Empörung so groß sein, dass wir gewinnen“.