Gripen im Anflug auf Österreich
Vergleiche von Kampfflugzeugen sind schwierig, weil völlig intransparent ist, was an Software, Support und Betriebskosten im Preis enthalten ist. Dennoch muss die Regierung entscheiden, wie es mit der Luftpolizei weitergeht.
Gleich vorweg einmal, was sicher nicht passieren wird: Österreich wird den Tarnkappen-Jäger F-35 von Lockheed Martin nicht in Betracht ziehen, wenn es um die Zukunft der Luftraumüberwachung geht.
Es macht dennoch Sinn, sich die Dimensionen dieses teuersten Rüstungsprogramms der Welt anzusehen, wenn man die bescheidene Größenordnung des seit Jahren in der Schwebe befindlichen heimischen Projekts richtig einschätzen will: 138 Stück der auch als Joint Strike Fighter bekannten Flugzeuge hat Großbritanniens Royal Air Force bestellt, die das Fluggerät zusätzlich zum Eurofighter betreiben wird; ähnlich sehen die Planungen der Eurofighter-Nation Italien aus, die ebenfalls 90 F-35 geordert hat. Dazu kommen 100 Stück für die Türkei (die dafür zwölf Milliarden Dollar an Gegengeschäften lukriert hat), 72 für die Niederlande, 52 für Norwegen und 27 für Dänemark.
Stückpreis: von 90 Millionen Dollar (78 Millionen Euro) aufwärts, je nachdem, wie viel man für Logistik und Support einrechnet und wie man das Ding bewaffnen und einsetzen will.
Hierzulande bäckt man bekanntlich kleinere Brötchen: 15 Eurofighter der ersten Tranche wurden seit 2007 an Österreich geliefert, nach zehn Betriebsjahren ist das System gut eingespielt. Diese zehn Jahre gelten international als der Zeitraum, den man für so eine Systemeinführung braucht, was in der österreichischen Diskussion aber oft ignoriert wird. Wenig Beachtung in der Öffentlichkeit finden auch die Feinheiten des möglichen Einsatzspektrums. So wird häufig behauptet, der Eurofighter könne bei Nacht nicht fliegen, weil er quasi „blind“sei.
Wahr ist vielmehr, dass die Flugzeuge zwar bei Tag und Nacht und jeder Witterung flugtauglich sind – dass sie aber die primäre Aufgabe der Identifizierung nachts nicht leisten können, weil man die dafür notwendigen Komponenten (darunter die sogenannten Bedrohungsbibliotheken, die Flugzeuge erkennen können) eingespart hat. Um den Eurofighter nach dem Jahr 2022 weiterbetreiben zu können, müsse man zunächst gut 300 Millionen Euro ausgeben, um Obsoleszenzen zu beseitigen. Die Nachrüstung von Selbstschutz, Abstandswaffen und Nachtidentifikation würde etwa eine Milliarde kosten, und die (sehr intransparent berechneten) Betriebskosten kämen noch obendrauf.
Daher wird nach Alternativen gesucht. An den F-35 wagt, wie gesagt, niemand zu denken.
In Österreich denkt man gern an etwas Billiges, und das hatte über Jahre den Namen Saab. Die Schweden hatten Österreich in den 60er-Jahren 30 Stück der J-29 „Tunnan“(„Fliegende Tonne“), danach 40 Saab-105OE-Trainingsflugzeuge und ab 1987 eine Staffel von 24 Stück des J-35 „Draken“geliefert. Diese sollte „eine Übergangslösung für zehn Jahre“darstellen, es dauerte aber 15 Jahre bis zur Typenentscheidung.
2002 war Gripen zu teuer
Bis in den Sommer 2002 galt als sicher, dass Saabs JAS-39 „Gripen“das Rennen machen würde – weil dieses Flugzeug aber kaum billiger angeboten wurde als der Eurofighter, fiel es durch. Inzwi- schen aber haben die Schweden ihre Fühler wieder nach Österreich ausgestreckt und ein Büro in Wien eröffnet. Dort wurde im Vorjahr eine – unverbindliche – Anfrage des österreichischen Verteidigungsministeriums behandelt, 18 neue Gripen sollten rund 2,7 Milliarden Euro kosten. Verbindlich fragen will das Ministerium nicht, es wäre sonst gebunden.
Der Gripen wird derzeit von Tschechien und Ungarn (jeweils 14 geleaste Maschinen), von Brasilien, Südafrika und Thailand sowie von der Herstellernation Schweden geflogen.
Überlegungen für einen GripenKauf gehen dahin, dass man mit einem Ein-Flotten-Konzept durchkommen könnte – dass also der Gripen sowohl als Trainingsals auch als Luftraumüberwachungsflugzeug eingesetzt wer- den könnte. Das würde aber andererseits bedeuten, dass das Überschallflugzeug mit relativ hohen Kosten (und hoher Lärmbelastung beim Start) viel mehr im Einsatz wäre als derzeit der Eurofighter.
Allein aus Kostengründen kommt nicht infrage, dass der Eurofighter (von dem Österreich derzeit auch keine als Trainingsmaschine nutzbare zweisitzige Variante besitzt) für eine Ein-Flotten-Lösung eingesetzt wird.
Bleibt man beim Eurofighter, dann müsste man einen Ersatz für die altersschwachen Saab 105OE beschaffen; nach Meinung des Militärluftfahrexperten Georg Mader vom Fachmagazin Jane’s Defence müsste man das auch bei einem Gripen-Kauf. Hier kommen im wesentlichen drei Modelle in Betracht: Die britische Royal Air Force hat mit BAE Systems das Programm TyTan aufgelegt, das eine Kostensenkung beim Eurofighter Typhoon in Kombination mit dem Trainingsflugzeug Hawk vorsieht. Italien bietet – möglicherweise ebenfalls in Kombination mit einer Eurofighter-Kooperation – die von Leonardo produzierte Trainingsmaschine M-346 an. Und aus Tschechien kommt die neu entwickelte L-39NG von Aero Vodochody, die allerdings zu langsam ist, um das gesamte Anforderungsspektrum abzudecken.
Nicht ohne zusätzliches Trainingsflugzeug käme auch die sich wieder im Rennen befindliche F16 (ebenfalls von Lockheed Martin) aus: Deren „Block 70/72“wurde für Bahrain auf den neuesten Stand der Luftfahrttechnik ausgerüstet – und auch in Europa hat sich der Hersteller in Kroatien und Rumänien (je zwölf) und Polen (48) Marktanteile erobert.