In Texas taute der Eisige auf
Kimi Räikkönen gewann in Austin das bisher spannendste Rennen der zu Ende gehenden Formel-1- Saison. Der nun erfolgreichste Finne kam nach seinem Coup sogar ein wenig ins Plaudern.
In der Sekunde des Triumphes war der Janne Ahonen der Formel 1 noch seinem Image treu geblieben. Italienisch überschwängliche Gratulationen der Ferrari-Crew zum denkwürdigen Grand-Prix-Sieg in Austin, Texas, hatte der „Iceman“am Boxenfunk mit einem dürren „Thank you“Krächzer beantwortet. Später, während der Analyse, gestattete sich das 39-jährige finnische Motorsportidol, was sich das um zweieinhalb Jahre ältere finnische Skisprungidol allenfalls daheim in der Sauna oder der Garage gestattet – Räikkönen lächelte.
Ja, der kleine Mann aus Espoo bei Helsinki taute nach seinem 21. Grand-Prix-Sieg förmlich auf und kam ins Plaudern. Er erzählte, dass seine Kinder Robin und Rianna schon seit „einer Weile nach einer neuen Siegerkappe gefragt“hätten. Aber nicht einmal der bald vierjährige Sohn (geschweige denn die eineinhalbjährige Tochter) kann eine derartige, quasi rennwarme Trophäe schon bekommen haben. Der vor Austin letzte Sieg des Papas datierte nämlich aus dem März 2013 – aus einer anderen Epoche. Damals gewann Räikkönen den Grand Prix von Australien – in einem Lotus. Danach folgten nur noch Rennsiege von Red Bull, Mercedes und Ferrari. Fakten, die Robin und Rianna wohl ebenso langweilen würden wie es der Grand Prix der USA am Sonntagabend väterlichen Mutmaßungen nach tat. „Sie sind wahrscheinlich während des Rennens eingeschlafen“, sagte Räikkönen, „aber meine Frau hat es hoffentlich gesehen.“Seit August 2016 ist der Weltmeister von 2007 in zweiter Ehe mit Minttu Virtanen verheiratet.
Eine Krönung
Nach Ansicht des Corriere della Sera hat auch die ehemalige Flugbegleiterin die „Krönung einer Karriere“gesehen: „Das Ende von Jahren bei Ferrari voll bitterer, enttäuschender und grauer Tage im Schatten, zunächst von Fernando Alonso, dann von Sebastian Vettel.“Er habe damit „bewiesen, dass sich ein paar Leute geirrt haben“, sagte Räikkönen selbst. An die Pension denke er nicht, obwohl ihn Ferrari nicht mehr haben will: „Ich werde langsam älter, aber offenbar kann ich es noch. Es sollte also okay sein, noch ein paar Jahre dranzuhängen. Mir macht es immer noch Spaß.“
Räikkönen war am Sonntag im Gegensatz zu seinem Teamkollegen Sebastian Vettel da, als Mercedes und Lewis Hamilton auf dem Circuit of The Americas eine kleine Schwäche zeigten. Der nunmehr erfolgreichste Finne der der Formel-1-Geschichte – die Weltmeisterkollegen Keke Roseberg (1982) und Mika Häkkinen (1998, 1999) hatten es nur auf fünf bzw. 20 Rennsiege gebracht – machte keine Fehler. Er düpierte den Weltmeister am Start und fuhr danach souverän zum Sieg. Den Schalk im Nacken fragte er den drittplatzierten Hamilton, ob er jetzt eigentlich schon wieder Weltmeister sei. Der Brite stolzierte ein wenig eingeschnappt davon, kann aber am Sonntag mit Rang sieben in Mexiko den Sack im Duell mit Vettel schließen.
Räikkönen schnappte Michael Schumacher in Austin gleichzeitig einen kleinen Rekord weg. Er ist nun der Fahrer mit dem größten Zeitabstand zwischen seinem ersten und letzten Sieg. Vor 15 Jahren, sechs Monaten und 28 Tagen gewann er in Malaysia erstmals, Schumachers alte Bestmarke lag bei 14 Jahren, einem Monat und einem Tag. Zusammen mit dem Deutschen hält Räikkönen übrigens den Rekord der schnellsten Saisonrennrunden (zehn).
Mehr daheim
„Ich freue mich für Kimi“, sagte Vettel, der ihn gern als Teamkollegen behalten hätte. Doch die Scuderia verpflichtete den Monegassen Charles Leclerc, der im eigenen Nachwuchs lernte. Räikkönen übernimmt zur Verwunderung vieler für zwei Jahre dessen Platz bei Sauber. „Die Leute kennen mich nicht“, lautete eine schlüssige Erklärung. „Ich hatte meine Zeit mit Ferrari“, sagte der bisher letzte Champion unter dem „Cavallino rampante“. Die Sauber-Fabrik in Hinwil bei Zürich stehe nur eine knappe halbe Autostunde „von meinem Zuhause entfernt, es wird meine Familie freuen, dass ich mehr daheim sein kann“. (sid, lü)