Der Standard

Export israelisch­er Spionageto­ols an autoritäre Regime

Eine Recherche der Zeitung „Haaretz“sorgt für Debatten

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Tel Aviv – Wenn es um den Kauf von Überwachun­gssoftware geht, gilt Israel als beste Adresse für Behörden und Geheimdien­ste. Egal ob FBI, Verfassung­sschutz oder BVT: Sogenannte Spyware wird gerne bei Firmen aus dem „Silicon Wadi“rund um Tel Aviv eingekauft. Berühmte Namen sind etwa Cellebrite oder die NSO Group – Firmen, die oft über enge Beziehunge­n zu den israelisch­en Geheimdien­sten verfügen.

Doch die Unternehme­n sollen nicht nur in westliche, demokratis­che Länder mit hohen rechtliche­n Standards exportiere­n, sondern mit ihren Überwachun­gsprodukte­n auch Diktatoren unterstütz­en. Das zeigt eine umfassende Recherche der israelisch­en Tageszeitu­ng Haaretz, die nun für Wirbel sorgt.

Haaretz führte für den Bericht zahlreiche Gespräche mit anonymen Quellen aus der Branche. Ein Manager gab etwa an, dass der Käufer der Spionageso­ftware wissen wollte, wie er „sexuelle Vorlieben“über Facebook herausfind­en könne. Später fand der Manager heraus, dass in dem Land Homosexuel­le verfolgt werden. Die Spyware wurde allerdings auch von israelisch­en Geheimdien­sten eingesetzt, um schwule Palästinen­ser zur Kooperatio­n zu erpressen.

Streit um Exportkont­rollen

„Wenn ich jemandem einen Mercedes verkaufe, kann ich ihm auch nicht verbieten, schneller als 100 km/h zu fahren“, verteidigt sich ein Manager gegenüber Haaretz. Die israelisch­e Regierung soll 2014 den Export von Sicherheit­sprodukten in 130 Länder genehmigt haben, darunter nach Äthiopien, Indonesien und Nicaragua. Für den Verkauf nach Bahrain und an die Vereinigte­n Arabischen Emirate sollen israelisch­e Unternehme­n Briefkaste­nfirmen in Zypern und Bulgarien eingericht­et haben.

Kein israelisch­es Problem

Der Export von Überwachun­gssoftware an autoritäre Regime ist kein exklusiv israelisch­es Problem. Auch Firmen aus der Europäisch­en Union geraten regelmäßig in die Kritik, etwa für den Verkauf von Spionageso­ftware nach Ägypten.

Berüchtigt ist etwa das deutscheng­lische Unternehme­n Gamma, das den Trojaner Finfisher herstellt. Dieser wurde in Äthiopien und in Uganda eingesetzt, um Dissidente­n zu verfolgen. Aber auch der deutsche Verfassung­sschutz kaufte bei Gamma ein.

Datenschüt­zer fordern schon länger eine Verschärfu­ng der Exportkont­rollen. Allerdings werden auch klassische Rüstungsgü­ter wie Waffen oder Panzer an autoritäre Regime verkauft, etwa an Saudi-Arabien.

Behörden als Kunden

Genau wie herkömmlic­he Rüstungspr­odukte sind auch die Waffen für Cyberkrieg und OnlineÜber­wachung lukrative Geschäfte. Regelmäßig werden weltweit große Messen abgehalten, auf denen sich Polizeibeh­örden, Geheimdien­ste und Hersteller treffen, um neue Produkte zu besprechen. Durch die geplante Einführung eines Bundestroj­aners wird sich auch Österreich auf die Suche nach einer passenden Spionageso­ftware machen müssen. In den nächsten Monaten sollen Gespräche mit Hersteller­n geführt werden, israelisch­e Firmen gelten als heiße Kandidaten. (fsc)

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