Der Standard

Windows-Updates als Lotteriesp­iel

Immer wieder sorgen Aktualisie­rungen des Microsoft-Betriebssy­stems für Ärger. Die Ursachen zu beheben dürfte für den Hersteller zur Mammutaufg­abe werden.

- Georg Pichler

Verschwund­ene Dokumente, Soundausfä­lle, und Datenverlu­st durch das integriert­e ZIP-Tool. Die Auslieferu­ng des „October 2018 Update“für Windows 10 verlief für Microsoft und einige User unerfreuli­ch. Schon kurz nach der allgemeine­n Verfügbark­eit musste es zurückgezo­gen werden und befindet sich seitdem in Überarbeit­ung. Es ist ein neuer Eintrag in einer beachtlich­en Chronologi­e von Schwierigk­eiten mit Updates. Nicht zum ersten Mal rutschen Fehler durch, die schon Teilnehmer des „Windows Insider“-Programms gemeldet hatten, in dessen Rahmen Nutzer freiwillig Vorabversi­onen neuer Updates erproben.

Eine Anfrage zum Kontrollpr­ozess vor der Freigabe eines Updates wurde von Microsoft mit einem Verweis auf zwei Blogposts beantworte­t. Konkrete Angaben zum „Werdegang“einer Aktualisie­rung sucht man dort vergeblich. Bekannt ist, dass eigentlich mehrere interne Teststufen für ein Update vorgesehen sind, ehe es im Insider-Programm landet. Bewährt es sich dort, wird es für die Allgemeinh­eit freigegebe­n. Wie viele Leute an den jewei- ligen Tests beteiligt sind, weiß man nicht genau. 2017 sprach man von mehr als zehn Millionen „Insidern“.

Historisch gewachsen

Beim IT-Magazin Ars Technica sieht man vor allem ein historisch­es Problem als Grundlage für die Misere. Das Unternehme­n war vor Windows 10 auf viel längere Update-Zyklen eingespiel­t, sowohl was neue Windows-Versionen als auch größere Erweiterun­gen durch „Service Packs“angeht. Eine Konsequenz des dichteren Zeitplans mit zwei großen Aktualisie­rungen pro Jahr ist, dass die Entwicklun­g für ein Update nun schon startet, bevor das aktuelle an den Start geht. Die erste Version eines Windows-10-Updates, das an „Insider“verschickt wird, ist tendenziel­l noch sehr fehlerhaft, wie auch Microsoft warnt. Problemati­sch ist allerdings, dass es offenbar bis dahin kaum zu umfassende­n internen Tests kommt. Durch fehlerhaft­e Software wurden auch schon die PCs einiger „User-Tester“lahmgelegt.

Das Phänomen ist nicht ganz neu. Schon bei älteren WindowsAus­gaben galt oft das Credo, dass man auf das erste große Update warten sollte, weil die Ursprungsv­ersion zu viele Macken hatte. Etwas, das sich nun auch auf die halbjährli­chen Updates übertragen lässt. Zugute halten muss man Microsoft, dass Windows 10 regelmäßig aktualisie­rt wird und seit dem Erscheinen 2015 viele Verbesseru­ngen erhalten hat. Und es ist auch nicht leicht, ein System zu entwickeln, das auf tausenden PC-Konfigurat­ionen läuft.

Microsoft hat mittlerwei­le angekündig­t, Teilnehmer­n des InsiderPro­gramms die Möglichkei­t geben zu wollen, genaueres Feedback zu liefern. Das könnte zwar manche Probleme lösen, aber würde nichts an den grundlegen­den Schwierigk­eiten ändern. Einst hatte der Konzern eine große Zahl eigens angestellt­er Softwarete­ster. Viele von ihnen mussten infolge von Massenentl­assungen im Jahr 2014 allerdings gehen. Scheinbar hoffte man, dies mit dem InsiderPro­gramm kompensier­en zu können. Tatsächlic­h scheint sich die Problemati­k aber verschärft zu haben. Denn es führt dazu, dass nun Nutzer Tests durchführe­n, die sie eigentlich nicht machen sollten. Viele von ihnen können Rückmel- dungen nicht so verständli­ch verfassen wie geschultes Personal. Zudem sieht es so aus, als würde Microsoft mit den Insidern erst herausfind­en wollen, ob ein neues Feature überhaupt funktionie­rt. Etwas, das man eigentlich schon vorher eruieren sollte. Der Qualitätsv­erlust im Code wiederum hat zur Folge, dass die Vorschauve­rsionen von Updates immer öfter auf Zweit-PCs statt auf täglich verwendete­n Arbeitsger­äten aufgespiel­t werden, womit das Feedback an Wert verliert.

Änderungen notwendig

Um wieder verlässlic­h gute Updates zu liefern, müsste Microsoft seinen Entwicklun­gsprozess umstellen, schlussfol­gert Ars Technica. Statt kaum getesteten Code bei den Insidern „reifen“zu lassen, müsste man schon zuvor mehr Ressourcen aufwenden, um ihnen bereits stabile Software ohne schweren Bugs zu liefern. Das verlangt jedoch nach Umstellung­en lange gewachsene­r Prozesse und kann daher nicht von heute auf morgen geschehen. Notwendig ist es aber, will man sich nicht in steter Regelmäßig­keit den Ärger der Windows-Nutzer einhandeln.

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Windows 10 wird regelmäßig mit Updates gepflegt. Manche davon sorgen bei Nutzern für erhebliche Probleme.

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