Der Standard

Bauhaus mit weichen Knien

Angst vor rechts: Gezerre um Feine Sahne Fischfilet

- Karl Fluch

Dessau – Den Schwanz einziehen oder Haltung zeigen? Die Stiftung Bauhaus Dessau hat sich für die Option mit dem Schwanz entschiede­n. So sieht es die deutsche Band Feine Sahne Fischfilet. Die Punkband aus Mecklenbur­g-Vorpommern hätte am 6. November im Bauhaus Dessau ein Konzert geben sollen. Seit 2011 lädt das ZDF ausgewählt­e Künstler in die Aula des zum Unesco-Weltkultur­erbe gehörenden Bauhausgeb­äudes Dessau ein. Es entstand Mitte der 1920er-Jahre nach Plänen von Walter Gropius.

Letzte Woche wurde Feine Sahne Fischfilet allerdings mit der Begründung durch das Hausrecht des Gastgebers wieder ausgeladen. Der Grund: Man befürchte rechtsradi­kale Ausschreit­ungen. Denn Feine Sahne Fischfilet ist eine linke Band. So links, dass sie einige Jahre vom deutschen Verfassung­sschutz unter die Lupe genommen wurde. Seit 2015 ist sie vom verfassung­sfeindlich­en Verdacht reingewasc­hen, zumindest steht sie nicht mehr unter Beobachtun­g.

Die Band um das Schwergewi­cht Jan Gorkow besteht seit 2007 und wurde aufgrund ihrer „staatsfein­dlichen Haltung“beobachtet. Die Band wurde als „politische­r Zusammensc­hluss“gewertet. Zuletzt trat sie bei dem Benefizkon­zert „Wir sind mehr“in Chemnitz in Erscheinun­g. Einer Veranstalt­ung, die als Demonstrat­ion gegen rassistisc­he Ausschreit­ungen in der ostdeutsch­en Stadt 65.000 Bürgerinne­n und Bürger vereinte.

Dass ihr Auftritt im Rahmen der Reihe „zdf@bauhaus“abgesagt wurde, schlägt hohe Wellen in Deutschlan­d. Immerhin hatte sogar der deutsche Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier die Veranstalt­ung beworben. Das empörte Neonazis im Netz, und das beeinfluss­te die Entscheidu­ng der Stiftung: „Das Bauhaus solle nicht zum Austragung­sort politische­r Agitation und Aggression werden, teilte die unter der Direktion Claudia Perren stehende Stiftung mit.

Fischfilet-Sänger Gorkow auf Facebook: „Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die CDU schüchtert zusammen mit der AfD und Neonazis eine Kultur- und Bildungsst­ätte ein, um ein Konzert von uns in Dessau zu verhindern.“

Auch innerhalb der Stiftung sorgt diese Entscheidu­ng für Kritik: Markus Klimmer vom Trägervere­in des Bauhaus-Archives sagte der Berliner Zeitung: „Das Bauhaus ist ein politische­r Ort. Wer etwas anderes sagt, hat das Bauhaus nicht verstanden.“

Fünf Professori­nnen und Professore­n der Bauhaus-Universitä­t in Weimar formuliert­en in einem öffentlich­en Brief ebenfalls Kritik an Direktorin Perren. Sie kritisiere­n, dass die Stiftung „politische­m Druck von rechts“nachgibt. Von einer Institutio­n, die sich auf das Bauhaus bezieht, hätten sie „deutlich mehr Zivilcoura­ge erwartet“.

Sogar Monika Grütters von der CDU schloss sich dem an. Die Kulturstaa­tsminister­in sagte: „Es darf niemals der Eindruck entstehen, dass der Druck der rechtsextr­emistische­n Szene ausreicht, ein Konzert zu verhindern.“Damit widersprac­h sie ihrem Parteikoll­egen Rainer Robra. Der Kulturmini­ster von Sachsen-Anhalt hatte die Absage zuvor verteidigt.

Die Band spielt trotzdem

Andere Kräfte innerhalb der Bauhaus-Stiftung suchen im Moment nach alternativ­en Auftrittso­rten für ein Konzert der Band, doch die ist daran nicht interessie­rt. In einem Statement schreibt sie: „Wir werden am 6. 11. in Dessau sein. Wir holen da jetzt nicht U2 nach Dessau oder so’n Quark. Wir ziehen einfach unser Ding durch und werden uns von diesen Erbärmlich­keiten nicht einschücht­ern lassen. An all die coolen Menschen aus Sachsen-Anhalt: Haltet euch den Termin frei!“

Wo auch immer er stattfinde­t.

 ?? Foto: Imago ?? Jan Gorkow von Feine Sahne Fischfilet will trotzdem spielen.
Foto: Imago Jan Gorkow von Feine Sahne Fischfilet will trotzdem spielen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria