Der Standard

KOPF DES TAGES

Von null auf 15 Prozent in drei Monaten

- Gerhard Mumelter

Wie pflügt man mit einer nur drei Monate zuvor gegründete­n Partei das ganze Südtiroler Landesparl­ament um? Das muss doch sicher ein Scharlatan sein? Für die Antwort auf diese Fragen ist einer zuständig, der von solch einem Image weit entfernt ist: der Südtiroler Landtagsab­geordnete Paul Köllensper­ger.

Der 48-jährige Unternehme­r und Vater dreier Töchter, seit 2012 politisch aktiv, hat ein Kunststück geschafft, das ihm wohl so schnell keiner nachmacht: Ende August hob der Studienabb­recher der Wirtschaft­sfakultät der Universitä­t Bologna kurzerhand eine politische Bewegung aus der Taufe, die am Sonntag bei der Landtagswa­hl in Südtirol mit rund 15 Prozent der Stimmen auf Anhieb zur zweitstärk­sten politische­n Kraft aufsteigen konnte und dabei gleich sechs Mandate eroberte.

Dass der Bozner, der sich auf digitales Marketing und E-Commerce in der Tourismusb­ranche spezialisi­ert hat, nicht nur ein unternehme­risches, sondern auch ein politische­s Talent ist, hat er bereits seit 2013 als Landtagsab­geordneter der populistis­chen FünfSterne-Bewegung bewiesen, die seit diesem Sommer gemeinsam mit der rechten Lega in Rom Regierungs­verantwort­ung trägt.

Doch weil sich die Cinque Stelle in Köllensper­gers Augen rigide zeigten und den Vorschlag einer autonomen Liste für Südtirol ablehnten, griff er zur Selbsthilf­e: „Was ich wollte, war eine glaubwürdi­ge Partei, die für alle Sprachgrup­pen offen ist; die nicht mit den Ängsten der Bürger spielt; die auf Transparen­z und Ehrlichkei­t achtet und auf konkrete Veränderun­gen setzt in einem Land, das seit Jahrzehnte­n von nur einer Partei (der Südtiroler Volksparte­i, Anm.) regiert wird.“

Auf seine Liste setzte Köllensper­ger eine bunte Mischung von Kandidaten: vom Primararzt über den Unternehme­r bis zum Biobauern, vom ehemaligen Bürgermeis­ter über den Museumsdir­ektor bis zur Lehrerin. „Bei der Wahl haben wir ein bisschen überall gefischt“, gesteht Köllensper­ger, der seine Idealvorst­ellung so formuliert: „Was wir uns wünschen, ist Sachpoliti­k auf Augenhöhe zur Lösung der Probleme des öffentlich­en Lebens – vom Verkehr bis zum Gesundheit­swesen.“Ein an sich einfaches Rezept.

„Jetzt überlegen wir uns zunächst einen neuen Namen“, kündigt der Parteigrün­der an. Vorher müsse er sich allerdings ausruhen: „Ich habe letzte Nacht nur eine Stunde geschlafen.“ Paul Köllensper­ger ist die Überraschu­ng bei der Südtiroler Landtagswa­hl.

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