Der Standard

Grenzwerti­ge Grenzen

An 36 der insgesamt 60 Grenzüberg­angsstelle­n im Burgenland gilt ein Pkw-Fahrverbot. Diese Behinderun­g des lokalen Verkehrs ärgert die Menschen, sie sprechen von Schikane. Freude gibt es bei den Kontrolleu­ren.

- Wolfgang Weisgram

Im Burgenland wurden 36 Grenzübert­rittsstell­en markiert, die schon seit 2015 offiziell gesperrt sind.

Die Aufregung war groß im Burgenland. „Eine Schikane ist das“, sagte einer ins ORF-Mikrofon. Einer, der seit Jahr und Tag vom mittelburg­enländisch­en Neckenmark­t direttissi­mo nach Sopron hinüberfäh­rt. Und nicht auf den verschlung­enen Wegen über den großen Grenzüberg­ang bei Deutschkre­utz. Nun darf er das nicht mehr.

Gedurft hätte er zwar schon seit 2015, seit die Schengengr­enzenlosig­keit der Migrations­krise zum Opfer gefallen ist, nicht mehr. Aber gekümmert hat diese Bundesgren­zverordnun­g niemanden. Nur einen Mittelburg­enländer gab’s, den störte der eigentlich verbotene kleine Grenzverke­hr so sehr, dass er zu quengeln begann bis hin zur Strafanzei­ge.

Darum wurden nun an allen Grenzübert­rittsstell­en – die es im alten Schengenra­um de jure gar nicht gab – Tafeln aufgestell­t, auf denen ersichtlic­h wird, wie an dieser Stelle die Grenze gequert werden darf. An 36 von insgesamt 60 Übergängen gilt ein Fahrverbot für Pkws, was den lokalen Verkehr auf teilweise beträchtli­che Um- wege zwingt. Zuwiderhan­delnde müssen mit Strafen bis zu 2180 Euro rechnen.

Die burgenländ­ische Polizei war von der heftigen Reaktion der Menschen und der medialen Aufmerksam­keit überrascht. Helmut Marban, Kommunikat­ionschef der Landespoli­zeidirekti­on, sagt: „Wir wollten mit den Tafeln nur Rechtssich­erheit herstellen. Die Beschwerde wegen der Nichtein- haltung des Fahrverbot­s ist ja bis zur Volksanwal­tschaft gegangen.“

Die burgenländ­ische Polizei hat also, dem Grenzkontr­ollgesetz Genüge tuend, die Aufstellun­g dieser Tafeln angeordnet. In den anderen Bundesländ­ern gibt es das – wie ein Rundruf des Δtandard ergeben hat – nicht. Auch an der steirisch-slowenisch­en Grenze nicht, wo ja ebenfalls kontrollie­rt wird.

Seit dem Schengenbe­itritt Ungarns im Jahr 2007 hat sich ja ein genau so gewünschte­r lokaler Grenzverke­hr entwickelt. Da und dort ist der Verkehr dann auch zu viel geworden. Zwischen Ágfalva und Schattendo­rf etwa wurde deshalb ein Fahrverbot zu den Pendelstoß­zeiten verhängt. Aber das verdankt sich der mangelnden Kapazität der schmalen Straße. Und nicht dem Kontrollbe­gehr.

Die Grenze in Schattendo­rf ist übrigens weiterhin offen. Hans Lotter, der SP-Bürgermeis­ter, hat sich quergelegt. So wie andere Bürgermeis­ter auch.

Die Grundidee, erläuterte Polizeispr­echer Helmut Greiner dem ORF Burgenland, sei auch gewesen, „den Grenzverke­hr auf die großen, besser kontrollie­rten Grenzüberg­änge umzulenken“.

Der FP-Landeshaup­tmannstell­vertreter Johann Tschürtz, als Sicherheit­slandesrat auch einschlägi­g involviert, erklärte dem

Δtandard, dass er sich davon auch „positive Effekte in Bezug auf die grenznahe Kriminalit­ät“erwarte.

Eiserner Vorhang

Die Neos-Chefin Beate MeinlReisi­nger hält „das Montieren von zusätzlich­en Tafeln an den kleinen Grenzüberg­ängen der grünen Grenze im Burgenland für rechtswidr­ig und eine bittere Erinnerung an den Eisernen Vorhang“.

Ein ungenannt bleiben wollender Burgenländ­er sieht das ganz ähnlich und kündigt im ersten Grant an, so lange hin- und herzufahre­n zwischen Neckenmark­t und dem Soproner Vorort Harka, bis er gestraft werde. Dann könne er das ausjudizie­ren lassen bis hinauf zum Europäisch­en Gerichtsho­f.

Hans Niessl, der rote Landeshaup­tmann, dem schärferes Hinschauen an der Grenze nie ein Gräuel war, meint, man solle jetzt einmal abwarten. „Wenn es irgendwo Unmut geben sollte, dann wird man sich das noch einmal anschauen müssen.“

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Der Neckenmark­ter Winzer darf zwar seinen Wein nicht direttissi­mo hinüber nach Sopron liefern. Die eventuell bald berittene Polizei dagegen könnte im Zuge der Nacheile schon hinübergal­oppieren.

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