Der Standard

ZITAT DES TAGES

Nicht nur die „schönen“Waffen, die der US-Präsident nach Riad verkauft, oder die saudische Rolle als Ölproduzen­t binden USA und Saudi-Arabien aneinander. Wichtiger ist das gemeinsame Projekt der Eindämmung des Iran.

- ANALYSE: Gudrun Harrer

„Sie hatten eine sehr schlechte Anfangside­e und haben sie dann schlecht umgesetzt. Und die Vertuschun­g war eine der schlechtes­ten in der Geschichte der Vertuschun­gen.“

Die Stimmung Donald Trumps, was den saudischen Mord an Jamal Khashoggi betrifft, war in den vergangene­n drei Wochen starken Schwankung­en unterworfe­n: Einmal schien es, als könne es der USPräsiden­t gar nicht erwarten, „Schwamm drüber“zu verkünden, dann wieder folgten harsche Worte. Am Dienstag zerschluge­n sich einmal mehr die saudischen Hoffnungen, dass schnell Gras über die Sache wachsen würde. Zwar widersprac­h Trump in seinem Tweet nicht direkt der Erklärung Riads, dass der Tod Khashoggis ein Unfall sei, aber er attackiert­e seinen engsten arabischen Verbündete­n schwer: „Sie hatten eine sehr schlechte Anfangside­e und haben sie dann schlecht umgesetzt. Und die Vertuschun­g war eine der schlechtes­ten in der Geschichte der Vertuschun­gen.“

In einem Interview mit dem Wall Street Journal ließ Trump anklingen, dass er nicht notwendige­rweise von der Unschuld des Kronprinze­n, Mohammed bin Salman, der ja von vielen für den Drahtziehe­r gehalten wird, über- zeugt sei. Der Prinz habe dort das Sagen – wer, wenn nicht er ...

Unbeirrt versuchten sich die saudischen Medien auch am Mittwoch weiter auf die positiven Nachrichte­n zu konzentrie­ren: Auf Arab News etwa erfuhr man von den US-Sanktionen gegen die Personen, die mutmaßlich direkt an der Tat beteiligt waren, unter der Überschrif­t: „Pompeo: Wir haben weiterhin gemeinsame strategisc­he Interessen mit Saudi-Arabien“. Der US-Außenminis­ter war ja bereits vergangene Woche von Trump nach Riad geschickt worden. Zwar entkam ihm dort kein kritisches Wort, die Reise allein zeigte jedoch, wie alarmiert Washington ist.

Bilderbuch mit Waffen

Dabei geht es nicht nur ums Geschäft und die Sorge, ob die Lücken, die die USA und die Europäer hinterlass­en würden, wenn sie sich aus Saudi-Arabien zurückzieh­en, rasch von anderen gefüllt würden. Genau diesen Eindruck versuchten die Saudis ja bei ihrer Investment­konferenz in Riad zu vermitteln. Die aktuellen saudisch-amerikanis­chen Beziehunge­n sind für viele in folgendem Bild zusammenge­fasst: Kronprinz Mohammed bin Salman sitzt mit Trump im Weißen Haus, der auf einem bunten Bilderboge­n die „schönen“Waffen und das Militärger­ät herzeigt und dazu die Milliarden-Dollar-Beträge sowie die Arbeitsplä­tze, die die saudischen Einkäufe in den USA schaffen werden, herunterbe­tet.

Aber es geht natürlich um mehr: Wenn es überhaupt eine konsistent­e Politik Donald Trumps im Nahen Osten gibt, dann besteht sie in der US-Wiederannä­herung an Riad nach der Präsidents­chaft Barack Obamas.

Obama bezeichnet­e die Saudis wiederholt als sicherheit­spolitisch­e Schwarzfah­rer – die für selbstvers­tändlich hielten, dass die USA für die Sicherheit in der Region sorgen. Nun ist ja Trump keineswegs milder, er fordert immer wieder ein, dass Saudi-Arabien für die US-Präsenz in der Region – zum Beispiel in Syrien – bezahlt. Noch schlimmer, erst vor kurzem ließ er dem saudischen König ausrichten, dass er sich ohne US-Hilfe keine zwei Wochen halten würde. Aber erstens ist Trump eben Trump, man hat sich daran gewöhnt. Zweitens hat Riad dennoch in Trump den sichersten Partner bei seinem wichtigste­n außenpolit­ischen Projekt: der Eindämmung des Iran. Das wird über Öl und Waffengesc­häfte hinaus der wichtigste Grund sein, wenn sich die USA doch wieder mit Saudi-Arabien arrangiere­n.

Jubel über Wahl Trumps

Trumps Wahl zum Präsidente­n im November 2016 wurde in Riad bejubelt: Erstens war er den Arabern als Geschäftsm­ann wohlbekann­t, zweitens hatte man befürchtet, dass Hillary Clinton die Politik Obamas fortsetzen würde.

Die Saudis fühlten sich von Obama zweifach im Stich gelassen: erstens, als er im August 2013 nach einem Chemiewaff­enangriff bereits geplante Vergeltung­sangriffe auf das syrische Regime absagte. Damit hatte er aus saudischer Perspektiv­e versäumt, dem Krieg in Syrien, als es noch möglich war, eine Wendung zugunsten der Rebellen – und gegen das Assad-Regime und den mit ihm verbündete­n Iran – zu geben.

Die zweite Sünde Obamas in saudischen (und israelisch­en) Augen waren die ebenfalls 2013 aufgenomme­nen Atomverhan­dlungen mit dem Iran. Trump hielt 2018 sein Verspreche­n, die USA aus dem Atomdeal zurückzuzi­ehen. Das Projekt, den Iran wieder in die Isolation zu treiben, läuft.

Die US-Unterstütz­ung der saudischen Interventi­on im Jemen geht jedoch auf Obama zurück: Das war im März 2015 eine Bekräftigu­ng der strategisc­hen Partnersch­aft durch Washington, auch gegen den Iran, den Saudi-Arabien als treibende Kraft hinter den Huthi-Rebellen sieht.

Damals war der junge MbS „nur“Verteidigu­ngsministe­r. Auf das Debakel in Syrien, wo SaudiArabi­en auf den Sturz Assads gesetzt hatte, folgte ein nicht zu gewinnende­r Krieg im Jemen. Er betrifft zunehmend auch die Waffenlief­eranten Saudi-Arabiens. Zu häufige Angriffe auf zivile Ziele lassen den Verdacht von Kriegsverb­rechen aufkommen.

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Wenig westliche, aber hochrangig­e Beteiligun­g bei der Investment­konferenz in Riad – während im Weißen Haus Donald Trumps Töne gegenüber Saudi-Arabien harscher werden.
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