Der Standard

Österreich – „extrême droite“

-

Es wäre eine Frage für eine wissenscha­ftliche Dissertati­on, zumindest Anlass für eine statistisc­he Untersuchu­ng: Wie oft findet sich in französisc­hen Zeitungsti­teln der Ausdruck „extrême droite“(extreme Rechte), wenn die Pariser Presse aus oder über Österreich berichtet?

Der Prozentsat­z muss hoch sein, sehr hoch. Das natürlich vor allem seit der Bildung der türkis-blauen Regierung. Aber auch die Kommunikat­ionspläne des Bundeskanz­leramtes, das Österreich während des EU-Ratsvorsit­zes als Vermittler und „Brückenbau­er“inszeniere­n wollte, haben daran kaum etwas geändert. Wien steht aus Pariser Sicht nicht auf der Brücke zwischen den progressiv­en und populistis­chen Lagern, sondern am (rechten) Ufer. Fast mehr Schlagzeil­en als der Kanzler (ÖVP) macht in Paris Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ). „Dieser Ideologe der extremen Rechten verheddert sich in Skandalen“, hält Le

Monde fest. „Alles, was er unternimmt, kehrt sich gegen ihn. Er wird sogar eine Last für Regierungs­chef Sebastian Kurz, einen Konservati­ver, der sehr erpicht ist auf sein Image im Ausland.“

Fast fühlt man sich an die Zeit der ersten schwarz-blauen Koalition ab 2000 erinnert, als die Franzosen wegen eines gewissen Jörg Haider Strafsankt­ionen gegen die österreich­ische Regierung veranlasst­en. Mit der Bildung der großen Koalition 2007 gab es in dieser französisc­hen Wahrnehmun­g eine Pause, während der die Pariser Medien auch über die Erfolge Österreich­s bei der Bekämpfung der Arbeitslos­igkeit oder über die Wahl des grünen Bundespräs­identen berichtete­n. Diese Auszeit ist vorbei. Jetzt erfahren die Franzosen en détail über Wladimir Putins Tänzchen mit Karin Kneissl.

Newspapers in German

Newspapers from Austria