Der Standard

Vergangenh­eit und Wiener Schnitzel

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Das Image Österreich­s in Israel ist zwiespälti­g – und war es schon vor der Regierungs­beteiligun­g der FPÖ: Österreich ist für viele Israelis einerseits ein grünes, bergiges Urlaubsidy­ll à la Sound of Music, Heimat von Kunst, Kultur und Schnitzel, das auch in Israel gerne gegessen wird. Anderersei­ts sind sich Israelis sehr wohl der dunklen Vergangenh­eit Österreich­s bewusst. Auch sie prägt ihre Sicht auf das Land. „Es gibt eine permanente Dissonanz zwischen der Kultur und der nationalso­zialistisc­hen Geschichte. Österreich ist Mozart, aber eben auch Franz Stangl, der Kommandant des Vernichtun­gslagers Treblinka“, erklärt Adi Kantor vom Institut für Nationale Sicherheit­sstudien in Tel Aviv, das sich auch mit österreich­isch-israelisch­en Beziehunge­n beschäftig­t.

Eine Dissonanz ist heute auch auf politische­r Ebene zu spüren: Die bilaterale­n Beziehunge­n sind gut, und mit einem Kanzler wie Sebastian Kurz werden sie sogar gefördert: Dass er sich die Bekämpfung des Antisemiti­smus zum Ziel gesetzt hat, sich bei seinem Besuch im Juni als Freund Israels präsentier­te und auch am Rande der UN-Generalver­sammlung Anfang Oktober in New York Premier Netanjahu traf, wird in Israel sehr wohl wahrgenomm­en. Eine Herausford­erung für den jüdischen Staat ist hingegen die Regierungs­beteiligun­g der FPÖ, die sich ihres nationalso­zialistisc­hen Ballastes noch nicht entledigt hat. Israel fährt deshalb auch auf diplomatis­cher Ebene zweigleisi­g: gute Beziehunge­n zur ÖVP, kein Kontakt von offizielle­r Seite zu FPÖPolitik­ern. Die meisten Israelis sehen mit Blick Richtung Europa die FPÖ aber mehr als eine von vielen rechten, nationalen Kräften im Aufwind.

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