Dauerreizthema für Tayyip Erdogan
Mit den Rechtsregierungen in Ungarn und Polen hat die Türkei keine Probleme – ganz im Gegenteil: Sie pflegt ihr wunderliches Verhältnis zu den EUProblemstaaten und setzt auf deren Fürsprache in Brüssel und Straßburg. Die türkis-blaue Regierung in Wien aber ist für die Türkei von Tayyip Erdogan ein dauerndes Reizthema. Der Grund: Polen und Ungarn haben keine große türkischstämmige Gemeinschaft. Österreich schon. Und die dient ja schon seit Jahren vor allem der SPÖ als Instrument.
Das derzeit so kühle Verhältnis zwischen Wien und Ankara geht deshalb auch schon auf die Zeit vor dem Antritt der türkis-blauen Koalition im Dezember vergangenen Jahres zurück. Der Putsch in der Türkei im Sommer 2016 und der autoritäre Kurs von Staatschef Erdogan lösten einen Wettlauf zwischen dem damaligen Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Kanzler Christian Kern (SPÖ) aus. Jeder wollte noch unnachgiebiger gegenüber der Türkei sein: Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen, Entwertung des Flüchtlingsdeals mit Ankara.
Seither hat sich neuer Streit angehäuft: Spürhunde der Finanzpolizei beschnüffelten in Schwechat ohne Beißkorb Passagiere eines Turkish-AirlinesFlugs nach Istanbul (Oktober 2017), Kriegsspiele in türkischen Kindergärten in Wien wurden bekannt (April 2018), Moscheenschließungen angekündigt (Juni 2018), die ersten Doppelstaatsbürgerschaften von Türken in Österreich aberkannt, der österreichische Student Max Zirngast wurde in Ankara wegen Buchbesitzes in Untersuchungshaft genommen, das Essverbot in der U6 in Wien kam – die Türken verstanden sehr wohl, dass es um Kebab und Dürüm ging.