Doppelpass als „Schnapsidee“
Jahrelang hatte Österreich in Mailand eine Vorzugsstellung inne. Das weitgehend positive Image beruht hier auch auf den von Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) in Auftrag gegebenen Bau des Opernhauses La Scala sowie auf die Einführung des Grundbuchs. Der Kataster hat dazu verholfen, dass die Lombardei zu den bestverwalteten Regionen Italiens zählt. Selbst die Fünf-Tages-Rebellion der Mailänder gegen die österreichische Herrschaft (1848) hat das positive Image nicht beeinträchtigt. Kurzum: Österreicher konnten bisher hier „punkten“.
Dieses Privileg ist passé. Seit die blauschwarze Regierung das Zepter in Wien übernahm, gab es unliebsame Vorfälle. Die Drohung, Panzer am Brennerpass einzusetzen, um den Immigrantenstrom zu stoppen, ist schlecht angekommen. Zweifellos sind auch die Bemühungen der Regierung in Wien, den deutschsprachigen Südtirolern die Doppelstaatsbürgerschaft zu gewähren, vielfach auf Unverständnis gestoßen. Eine „Schnapsidee“, hieß es. Die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz zur italienischen Budgetpolitik, der Vergleich mit Griechenland wie auch Interventionen bei der Pressefreiheit wurden von den Medien scharf kritisiert.
Es gibt derzeit aber keine konkreten Auswirkungen der schwarz- blauen Regierung auf Wirtschaft und Tourismus. Österreichs Exporte nach Italien sind im ersten Halbjahr um zehn Prozent gestiegen. Italien avancierte zum zweitwichtigsten Handelspartner Österreichs. Im September besuchten schätzungsweise zehn Prozent mehr Italiener Wien als im Vorjahr. Dies ist jedoch auf neue Billigpreisflüge von Rom und Mailand nach Wien zurückzuführen.