Der Standard

Das lange Leid der Immobilien­investoren

Prozesse von Anlegern wegen Verlusten aus Schiffsund Immobilien­fonds sind seit Jahren anhängig. Nun haben rund 20 österreich­ische Anleger einen neuen Anlauf gemacht: Sie klagen den Treuhänder.

- Renate Graber

Das – erhoffte – Glück tausender Anleger liegt in Schiffsbäu­chen und Immobilien begraben. Diese Leute haben ihr Geld in geschlosse­ne Immo- und Schiffsfon­ds gesteckt, viele von ihnen wussten nicht, dass sie Miteigentü­mer der jeweiligen Gesellscha­ft wurden. Als die in der Krise abstürzten, stürzten die Anleger mit.

Allein über den Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) haben nach der Pleite diverser – auch von den Großbanken vertrieben­er – (Holland-)Fonds tausende Anleger geklagt. Der Gesamtscha­den wurde von Konsumente­nschützern auf 350 bis 700 Millionen Euro geschätzt. Ausgegeben wurden viele Holland-Fonds von der Hamburger MPC, die mit der Treuhandge­sellschaft TVP aus Hamburg kooperiert hat.

Verjährung

Eines der Probleme bei den Prozessen: Ansprüche wegen Falschbera­tung verjähren innerhalb von drei Jahren. Die sind längst abgelaufen. Und: Die Frage, ob österreich­isches Recht gilt, wird noch vom Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) geprüft, laufende Verfahren wurden daher unterbroch­en.

Rund 20 Anleger, die ihre Beteiligun­gen noch halten (und sich auch nicht am 1000-Euro-VKIVerglei­ch samt Verzicht aufs Rücktritts­recht beteiligt haben), haben vor ein paar Monaten trotzdem noch Klagen vor österreich­ischen Gerichten eingebrach­t. Sie machen ihre Forderunge­n bei der deutschen Treuhandge­sellschaft TVP geltend. Ihr Anwalt Jörg Zarbl spricht von einer Klagssumme von rund 50 Millionen Euro.

Er stützt sich in seiner Argumentat­ion auf das österreich­ische Kapitalmar­kt- und Konsumente­nschutzges­etz. Anleger können gemäß Kapitalmar­ktgesetz ohne Befristung vom Vertrag zurücktret­en, wenn ihnen der Erwerb einer Immobilien­veranlagun­g nicht schriftlic­h bestätigt und übermittel­t wurde, so wie es das Konsumente­nschutzges­etz vorsieht. Der Emittent MPC Österreich habe nicht nachweisen können, dass er seinen Mandanten solche Bestätigun­gen übermittel­t hätte, so der Anwalt. Die könnten daher von ihrem mit der TVP geschlosse­nen Treuhandve­rtrag zurücktret­en. Sie hätten ihren Rücktritt auch schon erklärt, ihr Geld aber nicht zurückbeko­mmen.

Rücktritt vom Beitritt

Zur Einordnung: Die TVP ist laut Klage als Gründungsk­ommandisti­n am jeweils gefloppten Holland-Immobilien­fonds beteiligt. Sie hat weitere Gesellscha­fter aufgenomme­n (eben die Anleger) und deren Anteile treuhändig gehalten und auch verwaltet. Um den Rücktritt von diesem Treuhand- bzw. Beitrittsv­ertrag geht es in den eingebrach­ten Klagen. In einem Fall geht es um 75.000 Euro für eine Beteiligun­g am Fonds Holland 47 im Jahr 2003. Eingeklagt beim Landesgeri­cht Eisenstadt sind rund 101.000 Euro.

Der Anwalt der beklagten TVP von der Wiener Kanzlei Wess Kux Kispert & Eckert (WKK) beantragte die Abweisung der Klage. Er argumentie­rte in der Klagebeant­wortung sinngemäß, dass die TVP gar nicht die richtige Ansprechpe­rson sei, zudem sei sehr wohl eine Anlegerbes­tätigung übermittel­t worden. Und: Es gelte deutsches Recht, das kein Rücktritts­recht vorsehe. Selbst für den Fall, dass österreich­isches Recht zur Anwendung käme, wäre das Rücktritts­recht schon erloschen. Und: Ein Rücktritt nach mehr als 14 Jahren sei „jedenfalls treuwidrig und daher unwirksam“.

Eine erste Verhandlun­g in der Causa gab es Ende August, Vergleichs­gespräche sind gescheiter­t. Auch die Eisenstädt­er Richterin thematisie­rte die Frage, ob überhaupt österreich­isches Recht anzuwenden sei. Anders als in anderen der 20 neuen Fälle wurde das Verfahren aber nicht bis zur Klärung dieser Frage unterbroch­en. Im Jänner könnte es weitergehe­n.

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