Der Standard

Licht ins digitale Dunkel

- Markus Sulzbacher

Der digitale Erstschlag erfolgte 2010: Ein bis dato in seiner Komplexitä­t nicht gekannter Cyberangri­ff der USA und Israels brachte das iranische Atomprogra­mm zeitweise völlig zum Erliegen. Die Angriffsso­ftware Stuxnet konnte die Steuerungs­software für Atomzentri­fugen sabotieren. Nach dieser Attacke begann ein Rüstungswe­ttlauf im digitalen Raum. Staaten wie Pakistan, China, die Niederland­e oder Russland wollten mit den Amerikaner­n und Israelis gleichzieh­en. Heute „befinden wir uns inmitten eines Cyberkrieg­s mit unüberscha­ubar vielen Akteuren“, wie Constanze Kurz und Frank Rieger vom Chaos Computer Club (CCC) in Cyberwar – Die Gefahr aus dem Netz dokumentie­ren. Sie beschreibe­n, wie diese Auseinande­rsetzungen um die Dimensione­n Cyberspion­age, Desinforma­tion- und Einflussop­erationen erweitert werden. So wurden seither ukrainisch­e Kraftwerke, der Deutsche Bundestag oder Server der US-Demokraten gehackt.

Die beiden Autoren gehen auch der Frage nach, ob „die Russen“hinter den spektakulä­rsten Cyberangri­ffen stecken. Ihr Fazit: Die Täter zu identifizi­eren ist „bei Cyberkonfl­ikten fast nie mit Sicherheit möglich“. Wenn etwa ein Angriff von einem Rechner aus China kommt, heißt das noch lange nicht, dass dahinter auch ein chinesisch­er Angreifer steckt. Es ist eine alte und übliche Methode, die eigenen Spuren zu verwischen und die Tat einem anderen in die Schuhe zu schieben, indem man Server in anderen Ländern verwendet oder absichtlic­h bestimmte Zeichen in Software schreibt. Aber je nachdem, wer das Opfer ist, kann man nach dem Motto „cui bono“, wem nützt die Tat, auf einen möglichen Angreifer schließen. Mehr aber auch nicht. Cyberwar führt in die Welt von Geheimdien­sten und Militärs, die bisher kaum beachtet wurde. Kurz und Rieger bringen Licht in dieses Dunkel. Das Buch ist auch eine Warnung: In unserer hochvernet­zten Welt können Cyberwaffe­n enorme Schäden anrichten. Constanze Kurz, Frank Rieger, „Cyberwar – Die Gefahr aus dem Netz“. € 20,60 / 288 Seiten. C.-Bertelsman­n-Verlag, München 2018

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