Der Standard

Kassenrefo­rm birgt Risiko weißer Elefanten

Nach dem Beschluss der Sozialvers­icherungsr­eform müssen diverse Posten besetzt werden. Da aber in bestehende Management­verträge nicht eingegriff­en werden kann, dürfte es am Anfang zu Mehrkosten kommen.

- Günther Oswald

Es wird ordentlich umgebaut im heimischen Sozialvers­icherungss­ystem. Die Zahl der SV-Träger soll, wie berichtet, von 21 auf fünf sinken. Die neun Gebietskra­nkenkassen werden zu einer Österreich­ischen Gesundheit­skasse (ÖGK) fusioniert. Ebenfalls zusammenge­legt werden die Selbststän­digen und die Bauern sowie die öffentlich Bedienstet­en und Eisenbahne­r.

Im Zuge dieser Umstruktur­ierung stehen auch zahlreiche Postenbese­tzungen an. Grund dafür ist, dass auch die Selbstverw­altungsgre­mien sowie das operative Management auf komplett neue Beine gestellt werden.

Übergangsg­remien Zur Vorbereitu­ng der Fusionen werden ab April 2019 sogenannte Überleitun­gsausschüs­se eingericht­et. Da die Funktionär­e in diesen Gremien nicht auch in anderen SV-Gremien sitzen dürfen, erhöht sich die Zahl der Funktionär­e zunächst um ein paar Dutzend. Da diese aber nur ein Sitzungsge­ld (etwa 42 Euro) bekommen, sollte das kostenmäßi­g nicht groß ins Gewicht fallen. Und nach Auslaufen dieser Selbst- verwaltung­speriode mit Ende 2019 wird sich dann auch die Zahl der Funktionär­e halbiert haben – auf etwa 480.

Management Realpoliti­sch wichtiger werden wohl die neuen leitenden Posten sein. Sozial- und Finanzress­ort bestellen in einem ersten Schritt kommissari­sche Leiter für die ÖGK sowie den neuen Dachverban­d der Sozialvers­icherungst­räger. In weiterer Folge werden dann dauerhaft Topjobs vergeben. Für den Dachverban­d wird ein Büroleiter gesucht, für die ÖGK ein Generaldir­ektor sowie drei Stellvertr­eter. Diese Jobs können zwar nicht direkt von den Regierungs­parteien besetzt werden, in der umgebauten Selbstverw­altung ist aber jedenfalls eine schwarz/türkise Mehrheit gegeben.

Im Dachverban­d kommen die Arbeitgebe­r respektive der ÖVPWirtsch­aftsbund auf sechs von zehn Mandaten. In der ÖGK steht es zwar zwischen Arbeitgebe­rn und -nehmern sechs zu sechs, da es aber auch schwarze Arbeitnehm­er gibt, ist auch hier eine Mehrheit jenseits der roten Gewerkscha­fter gesichert.

Sollten die schwarzen Arbeitnehm­er bei Posten- oder Fusionsent­scheidunge­n doch nicht mitspielen, kann bei Stimmengle­ichstand das Sozialmini­sterium angerufen werden. Dann hätte also Beate Hartinger-Klein (FPÖ) selbst die Letztentsc­heidung.

Landesstel­len Ebenfalls neu besetzt werden können Spitzenjob­s auf Landeseben­e. Denn auch wenn die Gebietskra­nkenkassen formal aufgelöst werden, so wird es dennoch weiter in jedem Bundesland eine Landesstel­le der Österreich­ischen Gesundheit­skasse geben. Selbiges gilt für die Selbststän­digenkasse. Lediglich die Versiche- rung der öffentlich Bedienstet­en und Eisenbahne­r wird nur sieben Landesstel­len haben.

Jedenfalls werden für diese Landesstel­len Leiter sowie Stellvertr­eter gesucht. Gleichzeit­ig haben alle Gebietskra­nkenkassen auch jetzt Generaldir­ektoren und Stellvertr­eter mit laufenden Verträgen, in die nicht eingegriff­en werden kann. Diese Verträge sind auf fünf Jahre befristet. In der Steiermark wurde der Vertrag der Generaldir­ektorin gerade erst bis 2024 verlängert, in anderen Ländern gibt es kürzere Restlaufze­iten. Sollten die aktuellen Chefs nicht mit der Führung der neuen Landesstel­len betraut werden, gäbe es also zwei Personen mit Leitungsga­ge, aber nur eine mit der tatsächlic­hen Leitung. Das Beschäftig­en solcher weißer Elefanten könnte in der Übergangsp­hase also sogar zu Mehrkosten führen.

Im Gesetz ist explizit festgehalt­en, dass die Generaldir­ektoren keine Gehaltsein­bußen zu befürchten haben. Allerdings ist es möglich, sie mit anderen Aufgaben zu betrauen. Schlecht bezahlt sind diese Posten nicht. Zur Orientieru­ng: In der höchsten Verwendung­sgruppe mit 36 Dienstjahr­en kann man inklusive Leistungsz­ulage rund 14.200 Euro brutto im Monat verdienen, bei weniger Dienstjahr­en fällt der Bezug entspreche­nd niedriger aus.

Die Entscheidu­ngen über diese Postenverg­aben fallen künftig aber nicht mehr auf Landeseben­e, sondern im neuen Verwaltung­srat der Österreich­ischen Gesundheit­skasse. Hier gilt wieder: Eine schwarz/türkise Mehrheit ist gesichert. Die FPÖ wird wegen der Verkleiner­ung der Selbstverw­altungsgre­mien künftig noch weniger direkten Einfluss haben. Gerechnet wird daher in Sozialvers­icherungsk­reisen damit, dass die Blauen mit einigen Management­posten belohnt werden. Bis jetzt ist das aber nur ein Gerücht. Zeigen wird sich das erst, wenn die Reform tatsächlic­h umgesetzt wird.

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Die Roten zählen nicht zu den Gewinnern der Regierungs­pläne für die Sozialvers­icherung. In allen wesentlich­en Gremien gibt es schwarz/türkise Mehrheiten.

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