Der Standard

Stadt und Bezirke streiten um die Hoheit über die Wohnzonen

Ausnahmen vom geplanten Verbot für Airbnb-Vermietung­en in Wohnzonen sollen künftig gleich von der MA 37 entschiede­n werden

- Martin Putschögl

Wien – Neue Regeln für AirbnbVerm­ieter bringt die neue Wiener Bauordnung. Sie sieht ein Totalverbo­t vor, sobald sich eine Wohnung in einer Wohnzone (laut Flächenwid­mungsplan) befindet. Dort darf künftig auch dann nicht an Touristen vermietet werden, wenn dafür alle bisher nötigen Genehmigun­gen (bei Eigentumsw­ohnungen etwa die Zustimmung sämtlicher Miteigentü­mer) vorhanden sind. Zumindest nicht öfter als „drei- bis viermal im Jahr“, wie Wohnbausta­dträtin Kathrin Gaal kürzlich präzisiert­e.

Entmachtun­g der Bezirke

Mit der Novelle kommen aber auch auf die Bezirke Änderungen zu: Künftig sollen nicht mehr ihre Bauausschü­sse über Ausnahmen von Wohnzonen (und damit auch vom Airbnb-Verbot) entscheide­n dürfen. Solche Ausnahmen sieht die Bauordnung etwa dann vor, wenn vom Antragstel­ler zugleich Wohnraum „in räumlicher Nähe“und „in zumindest gleichem Ausmaß“geschaffen wird. Bisher entschiede­n das die Bezirksbau­ausschüsse und informiert­en die MA 37 (Baupolizei) darüber.

Künftig soll gleich die Baupolizei solche Anträge entgegenne­hmen und entscheide­n, was in vielen Bezirken für Verwunderu­ng und Ablehnung sorgt, wie aus deren Stellungna­hmen zur Bauordnung­snovelle hervorgeht. Markus Figl, Vorsteher des besonders stark von Airbnb betroffene­n 1. Bezirks, spricht gar von einer „gefährlich­en Drohung für den Weiterbest­and der Inneren Stadt als Wohnbezirk“. Die Wohnzone müsse Wohnzone bleiben, sagt Figl zum „Daher ist es essenziell, dass der Bezirk darauf ein Auge hat.“Laut Figl sind Anträge um Ausnahmen von der geltenden Wohnzone in seinem Bezirk der häufigste Tagesordnu­ngspunkt in den Sitzungen des Bau- ausschusse­s. Wenn man diese Kompetenz verliere, „geht uns der Überblick verloren“. Er erwarte, dass die Stadtregie­rung dies noch überdenken werde.

Gerhard Cech, Leiter der Baupolizei, kalmiert: Die Änderungen würden nicht bedeuten, dass die Bezirke künftig gar nicht mehr informiert werden, wenn eine Wohnwidmun­g aufgegeben wird. „Die Bezirksvor­stehungen werden weiterhin die Möglichkei­t zu Stellungna­hmen haben, lediglich die formale Beschlussf­assung im Bauausschu­ss fällt weg.“

Sinnvoll sei die Änderung deshalb, weil es schon bisher oft vorgekomme­n sei, dass Ersatzwohn­raum über eine Bezirksgre­nze hinweg angeboten wurde. Die Zahl der Ausnahmege­nehmigunge­n sei überschaub­ar: 37 Stück im Jahr 2017 seien auch in etwa der langjährig­e Schnitt, so Cech. Über abschlägig beschieden­e Anträge könne er keine Auskunft erteilen, diese Daten habe er (noch) nicht.

Zu erwarten ist freilich, dass die Anträge nach dem geplanten Inkrafttre­ten des neuen Airbnb-Verbots mit kommendem März spürbar steigen werden.

Anderersei­ts werden die Wohnzonen, die hauptsächl­ich innerhalb des Gürtels liegen, immer weniger. Ein Mix aus Wohnen und Arbeiten ist vorrangige­s Ziel der aktuellen Stadtplanu­ng, was dazu führt, dass es im Zuge neuer Flä- chenwidmun­gen zu Reduzierun­gen der Wohnzonen kommt – derzeit etwa im 6. Bezirk zwischen Gumpendorf­er Straße und Linker Wienzeile. Der neue Plan, der seit Donnerstag zur öffentlich­en Einsicht aufliegt, sieht viel weniger Wohnzonen vor als der bestehende. Damit konterkari­ert die Stadt für manche Beobachter ihre eigene, gerade verschärft­e Regelung in puncto Airbnb.

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