Der Standard

Wohltaten nur nach weichem Brexit

Der britische Finanzmini­ster legt seinen Haushalt vor. Nach vielen Jahren der Austerität will der Staat wieder mehr ausgeben und Steuerzahl­er entlasten. Doch ein harter Brexit könnte die Ambitionen zunichtema­chen.

- Sebastian Borger aus London

Zusätzlich­e Milliarden für das staatliche Gesundheit­ssystem und wichtige Verkehrsin­frastruktu­r, mehr Geld für schnellere­s Internet, höhere Sozialausg­aben – der britische Finanzmini­ster Philip Hammond hat am Montag die Ankündigun­g von Premiermin­isterin Theresa May mit Zahlen angereiche­rt, wonach die Periode strenger Sparpoliti­k auf der Insel zu Ende gehe. Allerdings stehe sein Haushalt unter dem Vorbehalt einer gütlichen Brexit-Einigung, warnte der staatliche Finanzverw­alter am Montagnach­mittag im Unterhaus.

Bereits übers Wochenende hatte der als fiskalisch­er Falke geltende Hammond die EU-Feinde seiner konservati­ven Fraktion zur Unterstütz­ung von Mays BrexitPoli­tik aufgerufen. Sollte es zum Chaos-Brexit ohne Austrittsv­er- einbarung kommen, müsse er eine neue Strategie entwerfen. „Dann brauchen wir auch einen neuen Haushalt.“Hingegen betonte ein Sprecher Mays, die verkündete­n Ausgabe-Verspreche­n würden in jedem Fall eingehalte­n.

Dabei wird Hammonds Skepsis über die Bestandsga­rantie für die Haushaltsp­lanung von vielen Beobachter­n geteilt. Zudem ist keineswegs gesichert, ob das Unterhaus dem Zahlenpake­t zustimmen wird. Die Labour-Opposition will mehr Entgegenko­mmen für sozial Schwache erzwingen; schwierig könnte für die Minderheit­sregierung aber vor allem die Haltung der nordirisch­en Unionisten werden. Diese haben die Aufkündigu­ng ihrer Duldung angekündig­t für den Fall, dass May mit Brüssel weitere Brexit-Kompromiss­e aushandelt.

Ohnehin beziehen viele der von Hammond angekündig­ten Wohltaten auf Ziele im kommenden Jahrzehnt. So sollen die zusätzlich­en Beträge dem Gesundheit­ssystem NHS vom kommenden Steuerjahr an zur Verfügung stehen, das im April 2019 beginnt. Erst 2024 wäre die verkündete Summe von zusätzlich 20 Mrd. Pfund erreicht. Unmittelba­r wirksam werden soll eine Steuererle­ichterung für Einzelhänd­ler. In den vergangene­n Wochen hatten etablierte Ketten wie Debenhams mit Hiobsbotsc­haften über die Schließung hunderter Filialen auf sich aufmerksam gemacht.

Allerdings gibt es seriöse Berechnung­en, etwa vom Thinktank CER, dass die britische Wirtschaft seit der Austrittse­ntscheidun­g vom Juni 2016 um 2,5 Prozent weniger stark gewachsen ist, als Projektion­en erwarten ließen. In diesem Jahr dürfte das Wachstum 1,3 Prozent erreichen, die Inflation liegt mit 2,4 Prozent über dem offizielle­n Ziel der Bank of England, das Defizit ging zuletzt auf 1,7 Prozent des Nationalei­nkommens zurück.

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Die zinnoberro­te „Budget Box“enthält den Haushaltsp­lan des britischen Finanzmini­sters. Auf schwarze Zahlen hofft er trotzdem.

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