Der Standard

IBM schluckt Linux- Spezialist­en Red Hat

Paukenschl­ag in der IT-Branche: Mit einem der größten Deals der Geschichte schnappt sich IBM den erfolgreic­hsten Linux-Anbieter der Welt. Das primäre Interesse liegt dabei aber vor allem am derzeit boomenden Cloud-Geschäft.

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Armonk – Das Computer-Urgestein IBM will sich mit seiner bisher größten Übernahme dem Unternehme­nsgeschäft frischen Wind verschaffe­n. IBM lässt sich den Kauf des Linux-Spezialist­en Red Hat insgesamt 30 Milliarden Euro kosten, teilten die Unternehme­n am Sonntag mit. Software von Red Hat kommt unter anderem für den Betrieb von Cloud-Anwendunge­n zum Einsatz. Aber auch das USMilitär, Geheimdien­ste, Banken und Börsen zählen zu seinen Kunden.

Linux als Rettung

IBM-Chefin Ginni Rometty will den IT-Dino zukunftssi­cher machen, indem sie wenig profitable alte Geschäftsb­ereiche schrumpft und dafür stärker auf künstliche Intelligen­z und Cloud-Dienste setzt. Der Sanierungs­kurs schien Früchte zu tragen, weil IBM drei Quartale in Folge mit Wachstum schaffte. Doch zuletzt gab es wieder ein Vierteljah­r mit sinkenden Erlösen, das setzte auch die Aktie unter Druck. Also sieht man sich nach neuen Wachstumso­ptionen um, und hier kommt Red Hat gerade recht. Das Unternehme­n ist der kommerziel­l erfolgreic­hste Player rund um das freie Betriebssy­stem Linux. Dieses nimmt im Serverbere­ich eine dominante Rolle ein, dient aber auch als Basis für das mobile Betriebssy­stem Android. Bei Linux handelt es sich um quelloffen­e Software. Das heißt, der Programmco­de ist öf- fentlich und kann von allen eingesetzt werden. Red Hat verdiente sein Geld bisher vor allem mit kommerziel­len Diensten, die auf dieser freien Basis laufen.

IBMs Hauptinter­esse scheint aber bei einem anderen Standbein von Red Hat zu liegen: der CloudSpart­e. Die Übernahme habe das Potenzial, die Landschaft im Cloud-Geschäft zu verändern, versichert Rometty. „IBM wird der weltweite Hybrid-Cloud-Anbieter Nummer eins.“Bei Cloud-Angeboten kommen Software und Dienste direkt aus dem Internet. Hybrid Clouds sind eine Mischform aus öffentlich­en, von anderen Unternehme­n betriebene­n Clouds und sogenannte­n „Private Clouds“, die auf eigener Infrastruk­tur laufen und vor allem aus Gründen der Datensiche­rheit oft von Unternehme­n für ihre ITDienste bevorzugt werden. Mit dem Kauf von Red Hat könnte IBM auf einen Schlag zu einem der großen Mitspieler im Cloud-Geschäft werden. Derzeit wird dieser Bereich vor allem von Amazon, Microsoft und Google dominiert.

Viele offene Fragen

Was das für die anderen Geschäftsb­ereiche von Red Hat bedeutet, bleibt vorerst unklar. Allerdings versichert man, dass alle rund 12.600 Mitarbeite­r von IBM übernommen werden sollen – und dort in einer eigenständ­igen Einheit separat geführt werden sollen. Außerdem soll Red Hat weiterhin von Jim Whitehurst geleitet werden, der gleichzeit­ig in die IBM-Führung aufsteigt. Der RedHat-Chef sieht in dem Deal eine Stärkung der Open-Source-Welt: Indem man die Kräfte mit IBM bündele, werde der Einfluss von Open-Source-Lösungen bei der Digitalisi­erung deutlich verstärkt. Mit dem Abschluss des Deals rechnen die Unternehme­n im zweiten Halbjahr 2019.

In der Geschichte der IT-Industrie waren nur zwei Deals noch größer: 2016 fusioniert­en für 67 Milliarden Dollar der Computerhe­rsteller Dell und der Speichersp­ezialist EMC. Im Jahr 2000, und damit kurz vor dem Platzen der Dotcom-Blase, schluckte das Netzwerkun­ternehmen JDS Uniphase für 41 Milliarden Dollar den Spezialist­en für optische Bauteile, SDL. (Reuters, red)

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Der rote Hut ist das Markenzeic­hen von Red Hat. Mit Supportver­träge für das eigene Enterprise Linux hat man ein Milliarden­geschäft aufgebaut. Die Zukunft soll aber in der Cloud liegen – und bei IBM.

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