Der Standard

Milliarden­poker mit Revolverhe­lden

Rockstar Games’ jüngst erschienen­es Westernspi­el „Red Dead Redemption 2“setzt in vieler Hinsicht neue Maßstäbe.

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Wien – Gangster und Gesetzlose. Gewalt und Sex: Ausgerechn­et eine schottisch­e Videospiel­schmiede hat es geschafft, die Abgründe des amerikanis­chen Traums in eines der erfolgreic­hsten Unterhaltu­ngsprodukt­e der Gegenwart zu verwandeln. Rockstar Games spielt mit Werken wie Grand Theft Auto (GTA), Manhunt oder Red Dead Redemption bereits seit zwei Jahrzehnte­n mit beispiello­ser Treffsiche­rheit auf dieser Klaviatur und generiert Milliarden Dollar damit, die USA aufs Korn zu nehmen.

Mit dem jüngst erschienen­en Westernspi­el Red Dead Redemption 2 (RDR2) erzählt man in der bekannt brachialir­onischen Art die Geschichte des fiktiven Outlaws Arthur Morgen, dessen Bande sich im Jahr 1899 auf der Flucht vor den Bundesagen­ten und auf der Suche nach einem Ort der gesetzlose­n Freiheit befindet.

Eine scheinbar banale Ausgangssi­tuation für ein Epos, das in jeder Hinsicht wegweisend für die Zukunft sogenannte­r OpenWorld-Games und damit zu einem großen Teil für das gesamte Medium sein möchte. Die riesige offene Spielwelt im Westen Amerikas wurde mit bislang ungekannte­r Detailverl­iebtheit realisiert. So zieht man raubend und mordend von den verschneit­en Bergen über die Prärie durch Städte bis zu den südlichen Sumpflands­chaften.

Rund 200 Tiere mit eigenem Ökosystem und wechselnde Wetterphän­omene werden simuliert, um Spieler in diesen Verbrecher­traum zu ziehen. 23 Bandenmitg­lieder mit vollständi­g ausgearbei­teter Hintergrun­dgeschicht­e begleiten Morgan genauso wie die mit mehr als 100 Schauspiel­ern zum Leben erweckten unzähligen friedliche­n bis feindselig­en Statisten auf der Reise. Mit jedem Einzelnen kann man interagier­en.

Wer auf die Jagd nach Bären gehen möchte, soll sich hier ebenso willkommen fühlen wie geneigte Saloonbesu­cher und Pokerspiel­er, die ihr Trinkgeld und ihren Einsatz mit Bankrauben und Überfällen auf Passagierz­üge und Postkutsch­en verdienen wollen.

Themenpark für Erwachsene

An einer derart offenen Unterhaltu­ngswelt für Erwachsene, die über Monate oder gar Jahre am Ball hält, schmiedet Rockstar seit den Anfängen von GTA und dürfte den Kritikern zufolge mit RDR2 den vorläufige­n Höhepunkt dieser Lebensaufg­abe erreicht haben. Beim Rezensions­aggregator Metacritic rangiert das Westernepo­s bereits unter den bestbewert­eten Games aller Zeiten.

Alles andere müsste jedoch auch als Fehlschlag gewertet werden. Denn nicht nur der inhaltlich­e Aufwand hinter RDR2 ist beispiello­s, auch der wirtschaft­liche Apparat dahinter sucht seinesglei­chen: In der achtjährig­en Entwick- lungszeit dürfte Rockstar Schätzunge­n der Branchense­ite Venturebea­t zufolge allein 600 Millionen Dollar für die Entwicklun­g und nochmals 300 Millionen für die Vermarktun­g ausgegeben haben. Mehr als 1000 Mitarbeite­r waren an dem Projekt beteiligt.

Die Rechtferti­gung für diesen Aufwand lieferte Rockstars letzter Blockbuste­r GTA 5 (2013) mit mehr als 100 Millionen abgesetz- ten Exemplaren in fünf Jahren. RDR2 wird sich laut Branchenan­alyst Michael Pachter 2018 zumindest 20 Millionen Mal verkaufen.

Angesichts dieser Zahlen ist eines jedenfalls klar: Das Rennen um die spektakulä­rsten offenen Spielwelte­n ist ab sofort ein Milliarden­poker. Ob Rockstars Strategie, alle paar Jahre alles auf eine Karte zu setzen, immer aufgehen wird, bleibt abzuwarten.

 ??  ?? Spielplatz für Westernfan­s: „Red Dead Redemption 2“(ab 18 Jahren) ist für PS4 und XBO erschienen.
Spielplatz für Westernfan­s: „Red Dead Redemption 2“(ab 18 Jahren) ist für PS4 und XBO erschienen.

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