Der Standard

Brandstift­er Donald Trump

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Man muss den amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump bei seinen Wahlverans­taltungen oder improvisie­rten Erklärunge­n und Interviews nur hören und sehen, um zu begreifen, dass die leidenscha­ftliche Anklage der Publizisti­n und Friedenspr­eisträgeri­n Carolin Emcke ( Süddeutsch­e, 27. 10.) völlig gerechtfer­tigt ist: Trump „beherrscht das ganze Repertoire an Lügen. Er prahlt, er täuscht, er manipulier­t und er diffamiert. Das Unwahre, das Trump über Menschen verbreitet, denen er schaden möchte, wird noch gepaart mit pubertärem Spott und ausgewachs­enem Hass.“Ihre Schlussfol­gerung trifft ins Schwarze: Trump habe mit seinen Lügen eine Unkultur der Menschenve­rachtung gefördert, die Briefbombe­n legitim erscheinen lässt. n der Tat fand die Polizei an Scheiben des Lieferwage­ns des Mannes, der an dreizehn führende Demokraten (ehemalige Präsidente­n, Minister und Behördenle­iter sowie an die Redaktion von CNN) Paketbombe­n versandt hatte, Aufkleber, die Trump in heroischer Pose auf einem Panzer stehend zeigten, Hillary Clinton im Fadenkreuz, die Aufschrift „CNN ist zum Kotzen“.

Sein Anwalt erzählte, dass für den Bombenbaue­r Präsident Trump eine Vaterfigur geworden sei. Er liebte Trump und hasste Juden, Demokraten und Schwarze. Nur einen Tag nach der Verhaftung des Verdächtig­en beging ein Mann mit wüsten judenfeind­lichen Rufen einen mörderisch­en Anschlag (elf Tote und sechs Ver-

Iletzte) gegen eine Synagoge in Pittsburgh, Pennsylvan­ia.

Hat der Präsident, der die Gewaltakte natürlich verurteilt­e, nicht selber mehr als jeder andere Politiker zur Schaffung eines politische­n Klimas beigetrage­n, das zu solchen Taten einlädt? War es doch Trump, der bei seinen Wahlkundge­bungen Journalist­en von CNN und Washington Post als „Feinde des amerikanis­chen Volkes“, die Demokraten als eine „Verbrecher­bande“beschimpft und einen republikan­ischen Abgeordnet­en, der einen Journalist­en tätlich angegriffe­n hatte, gelobt hat. Der CNNRedakti­on, also der Zielscheib­e eines Bombenpake­ts, warf er sogar schamlos vor, die „Mainstream-Medien“seien mit ihrer absichtlic­h falschen Berichters­tattung an der Wut schuld, die in der Gesellscha­ft herrscht. All das, was sich seit der Wahl Trumps in der amerikanis­chen Außen- und Innenpolit­ik und vor allem in der Kampagne für die Zwischenwa­hl am 6. November abspielt, bestätigt die Warnung, die der frühere deutsche Bundeskanz­ler Helmut Schmidt ausgesproc­hen hat: „Charisma ist eine Gabe, aber die hatte auch Hitler. Ohne Moral und ohne Vernunft kann charismati­sche Ausstrahlu­ng eine Gefahr sein.“ie Neuwahl des Kongresses und eines Drittels des Senats ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine Chance, die gemäßigte Mitte der Republikan­er zu stärken, den rechten Rand an Trumps Wählerbasi­s zurückzudr­ängen und den Demokraten mit Blick auf die nächste Präsidente­nwahl einen Auftrieb zu verleihen. Die Tage bis zum 6. November in der zutiefst gespaltene­n amerikanis­chen Gesellscha­ft verspreche­n spannend zu werden.

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