Der Standard

Reueloser Gründer des „Twitters für Rassisten“

- Fabian Sommavilla

Wer in den Tiefen des Internets nach Andrew Torba sucht, um möglicherw­eise frühe Anzeichen für dessen Toleranz rassistisc­her und antisemiti­scher Hassnachri­chten auf dem von ihm 2016 mitgegründ­eten sozialen Medium Gab (englisch: quatschen) zu finden, wird enttäuscht. Der 27jährige konservati­ve Christ und CEO des oft als „Twitter für Rassisten“bezeichnet­en Kurznachri­chtendiens­tes präsentier­te sich dort lange vor allem als engagierte­r Unternehme­r, der versucht, seine Firma zur Optimierun­g vo Online-Werbung zu promoten.

Spätestens seit vergangene­m Wochenende gilt Torba jedoch als jener Mann, der dem Who’s who amerikanis­cher Neonazis, Antisemite­n und Rassisten eine Plattform bot, um sich über die angebliche­n Fehlentwic­klungen der US-Gesellscha­ft auszukotze­n. Auch der Attentäter des antisemiti­sch motivierte­n Massakers in einer Synagoge in Pittsburgh, bei dem am Samstag elf Menschen starben, hatte jahrelang auf Gab.ai Hassbotsch­aften verbreitet und sogar die Tat dort angekündig­t. Hassbotsch­aften waren dort im Gegensatz zu Gewaltaufr­ufen nie verboten.

Torba selbst teilte mit seinen Fans lange Zeit lediglich selbstgesc­hriebe- ne Gedichte oder Lifestyle-Tipps. Er erzählte von seiner Detox-Dezember-Diät, warum er sich am No-Shave-November beteiligt – einen Vollbart dem Schnauzer aber vorzieht – und wie er beim Kauf einer Matratze auf Raten realisiert­e, dass er nun ein wahrer Erwachsene­r sei. Auch dass sich der 16jährige Torba in seiner Highschool-Zeit in den Lehrercomp­uter „einhackte“, erfährt man auf seinem Blog. Hacken interpreti­erte er stets eher unkonventi­onell mit dem Mantra: „Bewege dich schnell und zerstöre Dinge.“Nur wer Dinge wage und Fehler mache, würde im Leben vorankomme­n. Erst in den vergangene­n Jahren wurden Torbas Botschafte­n radikaler.

Die Zukunft der Plattform, die sich als Vorkämpfer­in für „freie Meinungsäu­ßerung“entgegen dem MedienMain­stream sieht, ist indes ungewiss. Nachdem Google im Vorjahr die App aufgrund fehlender Moderation hasserfüll­ter Nachrichte­n aus dem Playstore warf – Apple hatte den Store-Zutritt stets verwehrt – entzogen nun auch Webhosting- und Domainname­nprovider sowie sämtliche Bezahldien­ste Gab ihre Unterstütz­ung. Das Netzwerk wird daher vorerst für einige Zeit offline bleiben. Ob Torba deshalb gedenke, die Richtlinie­n für Gab zu ändern? „Keinesfall­s.“

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Foto: Torba Andrew Torba bot mit Gab auch dem Attentäter von Pittsburgh eine Plattform.

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