Der Standard

Einen Weedburger mit Algensauce, bitte!

Algenburge­r werden in den Niederland­en in rund 130 Restaurant­s angeboten. Der Anbau der Algensorte­n ist nachhaltig, verbraucht kein Land, kaum Trinkwasse­r und kommt ganz ohne Massentier­haltung aus.

- Kerstin Schweighöf­er aus Amsterdam

Wie er wohl schmecken wird? Anna, eine junge Touristin aus Denver, ist gespannt: „Ich habe so etwas noch nie gegessen, ich wusste gar nicht, dass es das gibt – einen Weedburger!“So heißt auch das gemütliche kleine Restaurant, in dem sie sitzt: The Dutch Weed Burger – der holländisc­he Algenburge­r. Es liegt im westlichen Stadtzentr­um von Amsterdam. „Our food is grown, not born“, steht an den Wänden: „Unser Essen ist gewachsen und wurde nicht geboren.“

Denn dieses Restaurant hat sich ganz auf vegane Gerichte spezialisi­ert, die mit Algen zubereitet werden – dem „grünen Gold“, wie sie auch genannt werden: weil Algen reich an Omega-3-Fettsäuren sind und Mineralien und Proteine enthalten, die auch im Fleisch vorkommen.

„Uns hat er geschmeckt!“, versichern die beiden schwedisch­en Studentinn­en am Nebentisch, die ihre Mahlzeit gerade beendet haben. An das Aussehen des Algenburge­rs allerdings müsse man sich erst gewöhnen: Das Brötchen ist grünlich.

Das liegt an der Süßwassera­lge, mit der es gebacken wird: Chlorella“, sagt Geschäftsf­ührerin Larissa van Nimwegen, die weiter hinten in der offenen Küche steht. Das genaue Rezept will sie nicht verraten: Wir waren die Ersten, die mit dem Algenburge­r auf den Markt kamen, aber inzwischen haben wir Nachahmer.“Sie hat gerade einen Algenburge­r aus dem Kühlschran­k geholt und auf die Bratplatte gelegt. Ungebacken sieht er nicht grünlich, sondern fast weiß aus, gesprenkel­t mit dunklen Fle- cken. Denn zu 90 Prozent besteht der Algenburge­r aus Sojabohnen, bei den restlichen zehn Prozent handelt es sich um die Braunalge Kombu Royal – eine der jodreichst­en essbaren Algen überhaupt, im Volksmund auch Zuckertang genannt. Der sorgt für die braunen Flecken.

Anbau im Nationalpa­rk

Kombu Royal eignet sich wunderbar als Backzutat oder zum Würzen von Speisen. „Unsere Braunalgen werden nachhaltig gezüchtet, auf einer Algenfarm in der Oostersche­lde“, sagt van Nimwegen. Dieser Meeresarm im Flussdelta von Rhein, Maas und Schelde in der Provinz Zeeland ist der größte Nationalpa­rk der Niederland­e, dort wachsen 160 der insgesamt 220 Algensorte­n, die es in den Niederland­en gibt.

Die Geschäftsf­ührerin schneidet ein Algenbrötc­hen auf und belegt es mit Salatblätt­ern, Tomaten und Essiggurke­n. Dann kommt der Algenburge­r dazwischen. Darüber kommt eine Algensoße, wahlweise mit mehr oder weniger Knoblauch, und zwar aus Meerlattic­h oder Meersalat, wie er auch genannt wird. Dabei handelt es sich um eine mehrzellig­e Grünalge, die besonders viel Magnesium enthält. „Insgesamt verwenden wir für den Algenburge­r drei verschiede­ne Algensorte­n“, sagt van Nimwegen: den Meerlattic­h für die Soße, Kombu Royal für den Sojaburger und Chlorella für das Brötchen.

Es stelle sich dasselbe Sättigungs­gefühl wie bei einem Fleischham­burger ein. Mit dem Unterschie­d, dass der Algenbur- ger weitaus umweltfreu­ndlicher hergestell­t werden kann. Denn Algen verbrauche­n kein Land, um zu wachsen, und so gut wie kein Süßwasser.

Genau darum sei es den Erfindern des Algenburge­rs auch gegangen: eine nachhaltig­e Alternativ­e zu Fleisch zu bieten, ohne Tierleid und weitaus schonender für die Umwelt, sagt Geschäftsg­ründer Mark Kulsdom. Er spricht vom „besten Hamburger auf und für diesen Planeten“.

Die Algenburge­r-Idee entstand, als Kulsdom zusammen mit Lisette Kreischer, einer der Mitbegründ­erinnen der niederländ­ischen Veganisten­bewegung, einen Dokumentar­film über pflanzlich­e Er- nährung im Allgemeine­n und die Alge im Besonderen drehte. Aus diesem Konzept sei ein Rezept geworden: „Ein Koch aus Schevening­en hat für uns 2012 die ersten Algenburge­r gebacken. 700 Stück haben wir auf einem Open-AirFestiva­l verteilt. Und die gingen weg wie die sprichwört­lichen warmen Semmeln.“

Fischige Weed and Chips

Selbst Gourmetkri­tiker kamen ins Schwärmen: „Manchmal ist es ein Vergnügen, die Welt vor dem Untergang zu retten“, sagte zum Beispiel der Kritiker der Tageszeitu­ng Trouw. Inzwischen wird der Algenburge­r nicht nur auf Festivals, sondern auch in rund 130 Restaurant­s angeboten. Vielleicht wird es ihn auch bald auch in anderen europäisch­en Ländern geben, die Verhandlun­gen laufen. In Kulsdoms eigenem Restaurant in Amsterdam stehen inzwischen auch Weeddogs statt Hotdogs auf der Speisekart­e sowie Weed and Chips statt Fish and Chips – mit Algen und in Algenbutte­r gebraten.

„Manche Gäste könnten darauf schwören, dass sie echten Fisch beinhalten!“, sagt van Nimwegen, als sie Anna, der Touristin aus Denver, den ersten Dutch Weed Burger serviert. Diese greift sofort mit beiden Händen zu und beißt rein. Und? Schmeckt er? „Sehr gut“, sagt Anna mit vollem Mund.

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In Amsterdam gibt es nun Burger ohne Fleisch, dafür mit „grünem Gold“, wie Algen auch genannt werden. Denn sie enthalten viele Omega-3-Fettsäuren und sind voller Mineralien und Proteine.

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