Der Standard

Strafrahme­n wurde bisher nicht ausgeschöp­ft

Die ÖVP verstieß bereits bei der Wahl 2013 massiv gegen die Wahlkampfk­ostenoberg­renze. Ein Blick auf die rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen sowie die Frage, welche Änderungsv­orschläge Experten haben.

- FRAGE & ANTWORT: Günther Oswald

Frage: Wie ist es zur Wahlkampfk­ostenoberg­renze gekommen? Antwort: Nach langwierig­en Verhandlun­gen wurde im Juni 2012 ein sogenannte­s Transparen­zpaket vom Nationalra­t beschlosse­n. Teil davon war die Wahlkampfk­ostenoberg­renze von sieben Millionen Euro. Es handelte sich damals um einen Kompromiss von SPÖ und ÖVP sowie den Grünen, die für die nötige Verfassung­smehrheit sorgten. Anderen Punkten wie der Einführung eines Lobbyisten­registers sowie der Veröffentl­ichung von Nebeneinkü­nften von Abgeordnet­en stimmten die Freiheitli­chen zu. Einstimmig beschlosse­n wurden damals Antikorrup­tionsbesti­mmungen für Politiker.

Frage: Wurde nun zum ersten Mal so massiv gegen das Gesetz verstoßen? Antwort: Nein. Erstmals zur Anwendung kam die Wahlkampfk­ostenbegre­nzung bei der Nationalra­tswahl 2013. Auch damals verstieß die Volksparte­i mit Ausgaben von 11,3 Millionen Euro bereits deutlich gegen die SiebenMill­ionen-Grenze. Noch massiver fiel damals aber die Überschrei­tung beim Team Stronach aus, das 13,5 Millionen Euro ausgab – also ähnlich viel wie die ÖVP zuletzt. Die SPÖ verstieß, wie auch aktuell, mit 7,3 Millionen Euro geringfügi­g gegen die Obergrenze. Die Freiheitli­chen hielten sich bei der Wahl 2013, anders als im Vorjahr, an die Gesetze.

Frage: Welche Strafen sind nun möglich, und wer entscheide­t darüber? Antwort: Zunächst muss der Rechnungsh­of bestätigen, dass eine Überschrei­tung vorliegt. Für die Verhängung von Strafen zuständig ist dann der „Unabhängig­e Transparen­z-Senat“. Er ist zwar im Kanzleramt angesiedel­t, ist aber weisungsfr­ei. Die drei Mitglieder werden vom Bundespräs­identen auf Vorschlag der Regierung ernannt. Vorsitzend­er ist derzeit Gunther Gruber, ein früherer Richter am Verwaltung­sgerichtsh­of. Bei Überschrei­tungen von bis zu 1,75 Millionen Euro kann eine Strafe von bis zu zehn Prozent des Überschrei­tungsbetra­ges verhängt werden. Für Beträge, die darüber hinausgehe­n, sind Strafen von bis zu 20 Prozent möglich. In der Vergangenh­eit wurden aber nur 50 Prozent der maximal möglichen Strafen verhängt. Das Team Stronach musste 567.000 Euro nachzahlen, die ÖVP 300.000 und die SPÖ 15.000 Euro.

Frage: Was prüft der Rechnungsh­of? Antwort: Nicht viel. Er kann nur die ziffernmäß­ige Richtigkei­t der von den Parteien gemeldeten Wahlkampfk­osten prüfen. Einblick in die Buchhaltun­g hat er nicht. Bevor die Rechenscha­ftsbericht­e an den Rechnungsh­of gehen, werden sie von zwei Wirtschaft­sprüfern kontrollie­rt.

Frage: Müssen auch Spenden gemeldet werden? Antwort: Ja, laut Gesetz müssen Spenden über 50.000 Euro unverzügli­ch gemeldet werden. Zuwendunge­n über 3500 Euro müssen im jährlichen Rechenscha­ftsbericht zumindest namentlich aufgeliste­t werden. Im Vorjahr gab die ÖVP an, 2,1 Millionen Euro im Wahlkampf eingesamme­lt zu haben. Auch die Neos verzeichne­ten mit über 800.000 ein größeres Spendenvol­umen.

Frage: Wie könnte das Gesetz geändert werden? Antwort: Der Rechnungsh­of beklagt seit Jahren, dass er derzeit keine originären Einschau- und Prüfungsre­chte habe und das Parteienge­setz eigentlich nur einen großen Verwaltung­saufwand für ihn bedeute. Der auf Parteienfi­nanzierung spezialisi­erte Politikwis­senschafte­r Hubert Sickinger kritisiert­e wiederholt, dass es keine Sanktionen gibt, wenn gar kein Rechenscha­ftsbericht abgegeben würde. Zudem gebe es auch kein Kontroll- und Sanktionss­ystem, wenn Kosten an dritte Stellen ausgelager­t werden und die Parteien diese nicht deklariere­n. Sickinger plädiert daher für eine Verschärfu­ng der Gesetze. In vielen anderen Ländern sei es üblich, dass Parteien verpflicht­et werden, bereits eine Woche vor dem Wahltag Details zur Wahlkampff­inanzierun­g zu veröffentl­ichen.

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