„Unabsichtlich“vergewaltigt
Prozess gegen 26-Jährigen, der Partner die Schuld gibt
Wien – Mit einer ungewöhnlichen Erklärung versucht Abdulhakim A. den Schöffensenat unter Vorsitz von Elisabeth Reich davon zu überzeugen, dass er Herrn L. nicht vergewaltigt hat. „Es war ausgemacht, dass ich meinen Penis zwischen seinen Beinen reibe“, lässt der 26-jährige Syrer übersetzen. „Als ich knapp vorm Kommen war, hat er sich plötzlich mit den Händen an der Wand abgestützt, hat mich nach hinten gedrückt, und ich bin in ihn eingedrungen. Ich bin gekommen, war aber verärgert. Ich wollte das nicht und habe keinen Geschlechtsverkehr ohne Kondom“, sagt er mit Bestimmtheit.
Abgespielt soll sich die Szene am 27. Mai in der Wohnung von Herrn L. haben. Der Mediziner und der Flüchtling hatten sich über eine Datingapp verabredet. A. sagt, es sei klar gewesen, dass es bei dem Besuch zu Sex kommen werde, L. habe versprochen, für Kondome zu sorgen, die es dann nicht gab. Das Vorspiel habe auf der Couch stattgefunden. „Danach sind wir in sein Hochbett gegangen. Als er plötzlich zurückgestoßen hat, hatte ich Angst hinunterzufallen und habe ihn weggedrückt.“Die Kommunikation sei schwierig gewesen. „Ich habe gesagt, dass ich keinen Sex ohne Kondom habe. Ich glaube, er wollte mich austricksen“, mutmaßt der Angeklagte.
Allerdings hat A. bei der Polizei die Geschichte noch anders geschildert – von einem Zurückstoßen war keine Rede, er war sich auch nicht sicher, ob es überhaupt zu Analverkehr respektive zu einer Ejakulation gekommen sei.
Herr L. erzählt, er habe im Bett die Lust verloren, plötzlich habe A. ihn umgedreht, am Nacken fixiert und penetriert. Er habe „Nein!“gesagt und sich gewunden, habe aber keine Chance gehabt. Der Senat glaubt ihm und verurteilt A. nicht rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren Haft.