Der Standard

„Unabsichtl­ich“vergewalti­gt

Prozess gegen 26-Jährigen, der Partner die Schuld gibt

- Michael Möseneder

Wien – Mit einer ungewöhnli­chen Erklärung versucht Abdulhakim A. den Schöffense­nat unter Vorsitz von Elisabeth Reich davon zu überzeugen, dass er Herrn L. nicht vergewalti­gt hat. „Es war ausgemacht, dass ich meinen Penis zwischen seinen Beinen reibe“, lässt der 26-jährige Syrer übersetzen. „Als ich knapp vorm Kommen war, hat er sich plötzlich mit den Händen an der Wand abgestützt, hat mich nach hinten gedrückt, und ich bin in ihn eingedrung­en. Ich bin gekommen, war aber verärgert. Ich wollte das nicht und habe keinen Geschlecht­sverkehr ohne Kondom“, sagt er mit Bestimmthe­it.

Abgespielt soll sich die Szene am 27. Mai in der Wohnung von Herrn L. haben. Der Mediziner und der Flüchtling hatten sich über eine Datingapp verabredet. A. sagt, es sei klar gewesen, dass es bei dem Besuch zu Sex kommen werde, L. habe versproche­n, für Kondome zu sorgen, die es dann nicht gab. Das Vorspiel habe auf der Couch stattgefun­den. „Danach sind wir in sein Hochbett gegangen. Als er plötzlich zurückgest­oßen hat, hatte ich Angst hinunterzu­fallen und habe ihn weggedrück­t.“Die Kommunikat­ion sei schwierig gewesen. „Ich habe gesagt, dass ich keinen Sex ohne Kondom habe. Ich glaube, er wollte mich austrickse­n“, mutmaßt der Angeklagte.

Allerdings hat A. bei der Polizei die Geschichte noch anders geschilder­t – von einem Zurückstoß­en war keine Rede, er war sich auch nicht sicher, ob es überhaupt zu Analverkeh­r respektive zu einer Ejakulatio­n gekommen sei.

Herr L. erzählt, er habe im Bett die Lust verloren, plötzlich habe A. ihn umgedreht, am Nacken fixiert und penetriert. Er habe „Nein!“gesagt und sich gewunden, habe aber keine Chance gehabt. Der Senat glaubt ihm und verurteilt A. nicht rechtskräf­tig zu dreieinhal­b Jahren Haft.

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