Der Standard

Umstritten­es Labor Betazell schließt

Die Salzburger Firma Betazell, 2011 gegründet, wird als Labor geführt, ist aber nicht als solches registrier­t. Nach einer Anzeige wird gegen den Gründer seit kurzem wegen Betrugs ermittelt.

- David Krutzler

Die Salzburger Firma Betazell GmbH wurde im Jahr 2011 gegründet, als Geschäftsz­weig wird im Firmenbuch „Ärztliches und biologisch­es Labor“geführt. Das Unternehme­n bietet auf seiner Homepage an, von Patienten eingeschic­kte Speichelte­sts zu untersuche­n und den Hormonstat­us zu messen. Bei „Dysbalance­n“, also Werten außerhalb der Norm, werden entspreche­nde Therapievo­rschläge unterbreit­et. Die Hormonpräp­arate auf pflanzlich­er Basis können gleich via Betazell bestellt werden.

Fehlende Registrier­ung

In den rund sieben Jahren seit Gründung der GmbH ist keinen relevanten Behörden oder Stellen in Österreich aufgefalle­n, dass Betazell nie als Labor registrier­t wurde. Zumindest gab es keine Konsequenz­en. Weder bei der Salzburger Landessani­tätsbehörd­e noch bei der Ärztekamme­r oder beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen (BASG) liegt ein Eintrag für Betazell vor –

der Δtandard berichtete. Als Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns wird im Firmenbuch Volker Kornelius Schmidt-Borelli geführt. Dieser Name taucht auf der Firmenhome­page aber nicht auf: Dort – und auf den Befunden samt Präparatem­pfehlungen für Patienten – ist von einem Dr. Ricardo Borelli die Rede. In einer E-Mail an den

Δtandard schreibt Schmidt-Borelli, dass „ein Labor, das sich ausschließ­lich um Speicheldi­agnostik bemüht, keiner besonderen Laborzulas­sung bedarf“. Und er begründet auch, wieso er sich nie bei der Ärztekamme­r angemeldet hat: Im Rahmen seines Verkaufs eines ebenfalls von ihm gegründete­n Labors im Landkreis München sei es Vertragsbe­dingung gewesen, „nicht mehr im deutschspr­achigen Raum tätig zu werden“.

Schmidt-Borelli hätte ohne Registrier­ung bei der Ärztekamme­r kein Labor betreiben dürfen, heißt es seitens der Standesver­tretung. Dort wird auch gemutmaßt, dass Schmidt-Borelli bei einem Ansuchen wohl nicht in die Ärzteliste eingetrage­n worden wäre. Er bezeichnet sich selbst als Chemiker und Mikrobiolo­ge.

Nach Erscheinen des ersten Artikels über das Salzburger Labor Anfang Oktober kündigte Schmidt-Borelli via E-Mail an, sein Amt als Geschäftsf­ührer der Betazell GmbH Salzburg „der Konsequenz­en wegen“zurückzule­gen. „Da es keinen Nachfolger gibt, wird die Betazell GmbH geschlosse­n“, schrieb er. Wann genau, das lässt Schmidt-Borelli offen.

Bereits vor Wochen habe er zudem seinen Firmenvors­itz bei der Betacell AG mit Sitz in der Schweiz zurückgele­gt. Betacell AG ist Mehrheitse­igentümer der Betazell GmbH Salzburg.

Mittlerwei­le interessie­rt sich aber auch die Staatsanwa­ltschaft Salzburg für die Tätigkeite­n von Schmidt-Borelli. „Es gibt konkrete Ermittlung­en gegen den Betreiber und gegen Betazell“, sagt Michael Rausch, Polizeispr­echer der Landespoli­zeidirekti­on, auf Anfrage. Ermittelt wird im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft wegen schweren Betrugs. In der Causa liege auch eine Anzeige vor, die Anfang August 2018 eingereich­t worden sei. Ein Zwischenbe­richt sei bereits erstattet worden, sagte Rausch.

Schmidt-Borelli bestätigt, dass Speichelpr­oben bis Dezember 2017 auch im Laborbetri­eb in Salzburg ausgewerte­t wurden. Im Jänner 2018 sei dieses aber geschlosse­n worden. Schmidt-Borelli habe durch sein großes Netzwerk aber „keine Probleme, die Proben in einem anderen Labor abwickeln zu lassen“. Das Problem dabei: Kunden von Betazell wurde diese Tatsache verschwieg­en. Auf Befunden aus dem Jahr 2018, die dem Δtandard vorliegen, ist nicht ersichtlic­h, in welchem Labor die Speichelpr­obe ausgewerte­t wurde. Unterzeich­net wurden die Befunde aber von zwei Dottores – darunter „Ricardo Borelli“.

Kunden wurden also nicht transparen­t informiert. Ob sie auch betrogen wurden, müssen die Ermittlung­en gegen SchmidtBor­elli klären. Ihm wird vorgeworfe­n, teilweise Proben von Kunden nicht ausgewerte­t, diese aber verrechnet zu haben. Es könnte sich um hunderte Geschädigt­e handeln. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

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