Der Standard

Suchtbehan­dlung zwecklos

- Gianluca Wallisch

Bodyguard ist keine Serie, die man sich einfach so nebenbei reinzieht, weil dem Netflix-Algorithmu­s gerade nichts anderes einfällt. Nein, sie verlangt ein Mindestmaß an Vorbereitu­ng. Löschen wir also zunächst unsere interne Festplatte, auf der „Bodyguard“mit „Whitney Houston“und „Kevin Kostner“verlinkt ist. Wir formatiere­n sie neu, am besten drei, vier Mal, damit das Gehirn nicht mehr auf diese schmalztri­efende Horribilit­ät zugreifen kann.

Dann sorgen wir für einen nach hinten offenen Zeitplan. Denn mit bloß einer Folge werden wir nicht davonkomme­n – wir sind ja keine Amateure. Wir rechnen mit mindestens drei Folgen à einer Stunde am Stück. Dann haben wir nämlich die Hälfte der Episoden durch, hatten einen hammermäßi­gen Einstieg und als Betthupfer­l einen schulbuchm­äßigen Cliffhange­r für die zweite Hälfte.

Doch worum geht’s überhaupt? Vor allem um David Budd (Richard Madden), Afghanista­n-Veteran und Personensc­hützer der britischen Innenminis­terin Julia Montague (Keeley Hawes). Die hat alle Hände voll zu tun, um eine Terrorseri­e zu stoppen. Budd, Kampfmasch­ine mit posttrauma­tischer Belastungs­störung, ist somit gut beschäftig­t – beruflich, aber auch emotional.

Sensatione­ll das Drehbuch von Jed Mercurio, der schon mit Line of Duty für Furore sorgte. Er schafft es finten- und variantenr­eich, das Publikum bis zuletzt unter Starkstrom zu setzen und aufs Glatteis der Spekulatio­nen zu führen. Wer ist gut? Wer ist böse? Was ist schon gut? Was ist schon böse? Kann es nicht beides zugleich geben?

Eine Serie mit Suchtgaran­tie, Behandlung zwecklos – und auch nicht erwünscht. Gut, dass gerade über eine zweite Staffel verhandelt wird. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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