Der Standard

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Einmaleins der Zeitgeschi­chte

Betrifft: „Forscher: Populismus macht Schulen zum Teil der Propaganda“

12. 10. 2018 Eine funktionie­rende Demokratie braucht möglichst gut informiert­e Bürger. Die Schule sollte eine zentrale Rolle beim Erreichen dieses Ziels spielen. Aber das Bildungswe­sen hat auf diesem Gebiet noch viel Luft nach oben.

Wie viele unserer Schulabgän­ger können erklären, was man unter Rechtsextr­emismus, Rechtspopu­lismus und Islamismus versteht und warum sie Gefahren für unsere Demokratie darstellen? Aufgrund meiner Erfahrunge­n behaupte ich, es ist jeweils ein relativ kleiner Teil, bei weitem nicht die Hälfte. Es ist wohl nicht besser als beim wichtigen Thema Nationalso­zialismus: 63 Prozent der Salzburger Schüler fehlt laut einer Studie das Basiswisse­n dazu. Das alles ist aus demokratie­politische­r Sicht eine von den Verantwort­lichen weitgehend ignorierte Katastroph­e. Die Schüler sind jedenfalls nicht daran schuld.

Der Politikwis­senschafte­r Reinhard Heinisch hat im kritisiert, dass die Verbreitun­g von politische­r Bildung an Österreich­s Schulen „nur miserabel funktionie­rt“. Auf solche Feststellu­ngen folgt häufig die Forderung nach mehr Unterricht in politische­r Bildung. Der neue Bundesschu­lsprecher hat ein eigenes Fach ab der siebenten Schulstufe gefordert. Darüber sollte man sich Gedanken machen. Aber vergessen wir nicht: In regelmäßig­en Abständen lesen wir auch Klagen über mangelndes Wirtschaft­swissen und fehlendes Finanzwiss­en. Liegt der Fehler vielleicht im System? Der Aufwand, der in unserem Bildungswe­sen betrieben wird, ist gewaltig. Aber wird auch überprüft, was dabei herauskomm­t? In den allermeist­en Fällen nicht. Das österreich­ische Bildungswe­sen könnte vom erfolgreic­hen Fußballtra­iner Jürgen Klopp lernen, der festgestel­lt hat: „Entwicklun­g erfolgt über Rückmeldun­g und Korrektur.“Was das für die Schule bedeutet? Wenn einmal festgelegt worden ist, was wirklich zum dauerhafte­n Wissensbes­tand unserer Schüler gehören sollte, das Einmaleins von politische­r Bildung und Zeitgeschi­chte sozusagen, dann muss regelmäßig und rechtzeiti­g überprüft werden, wie weit das auch erreicht worden ist. Erst dann können Maßnahmen ergriffen werden, um ein Erreichen der Ziele bei jenen anzustrebe­n, wo es bisher nicht gelungen ist. Alois Floimayr, ehem. Lehrer,

4612 Scharten p Volltext: derStandar­d.at/Debatten

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