Hinter den purpurnen Lehmbergen
„Barstow, California“von Rainer Komers
Seit 1977 sitzt Spoon Jackson in verschiedenen Gefängnissen ein, nachdem er zu lebenslänglicher Haftstraße verurteilt wurde – ohne Aussicht auf Begnadigung. Der Schwarze aus Barstow, Kalifornien, tötete im Zuge einer Auseinandersetzung einen Weißen. Jackson begann in der Zelle zu schreiben: über sich, die Welt, das Leben – und seine Jugend in Barstow, Kalifonien.
Nun ist Rainer Komers nach Barstow gereist. Es ist ein Film in Rot und Blau geworden – rot wie die Berge der Mojavewüste, blau wie der Himmel, der sich über ihr erstreckt. Barstow liegt an der legendären Route 66, die nur noch von ihrem Ruf lebt. Von chemischer Verwitterung spricht die Wissenschafterin, die in den Bergen unterwegs ist, und dabei muss man sofort an eine andere Verwitterung denken: an jene historische, die der Stadt zusetzt. Während die Kamera die Gegend erkundet, hört man Jacksons Aufzeichnungen seiner Kindheit: von der Flucht des Vaters nach Kalifornien, von der familiären Gewalt. Wie es sich anfühlte, wenn die Haut unter den Schlägen aufplatzt. Die zwei Attraktionen von Barstow sind ein Militärcamp und eine ehemalige Silbermine.
Bereits als er in den 80er-Jahren noch in San Quentin einsaß, nahm Jackson an einem Workshop für kreatives Schreiben teil. Mittlerweile erhielt er mehrere Auszeichnungen und veröffentlichte seine Autobiografie By Heart. Komers, der auch Gedichte von Jackson übersetzt hat – unlängst erschien der Band Felsentauben erwachen auf Zellenblock 8 –, spricht mit Einheimischen, zwei noch in der Stadt ansässigen Brüdern, er sucht nach Spuren der Vergangenheit in der Wüste und lässt die Eisenbahn an sich vorbeirattern. „Einzelne gab’s, die nicht merkten, dass die Welt jenseits der purpurnen Lehmberge auf einem schnelleren Gleis fuhr“, so Jackson. (pek) 31. 10., Metro. 18.45
2. 11., Stadtkino, 13.00