Der Standard

Kinderpsyc­hiaterin will Wiener Grüne anführen

Marihan Abensperg-Traun geht als Quereinste­igerin in die Wahl um die Nachfolge Maria Vassilakou­s an der Spitze der Wiener Grünen. Ab 8. November wird per Briefwahl abgestimmt.

- Rosa Winkler-Hermaden

Seit 14 Jahren arbeitet Marihan Abensperg-Traun am Wiener AKH. Die Ärztin für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie leitet die ADHS-Ambulanz. „Ich mache das sehr gern, das ist eine sinnvolle Tätigkeit“, sagt die 42Jährige. Nach der Geburt ihrer nun 17 Monate alten Tochter habe sie aber den Entschluss gefasst, sich auch aktiv in der Politik einzubring­en. „Nicht immer nur aus der Unzufriede­nheit heraus passiv zu sein“, wie sie das beschreibt.

Abensperg-Traun tritt für Ökologisie­rung ein, fordert den Ausbau der öffentlich­en Verkehrsmi­ttel, mehr Häuser in Passivbauw­eise oder Systeme für E-CarSharing. Sie drängt auf eine Gesamtschu­le und mehr Angebote für Ganztagesb­etreuung. Lauter Forderunge­n, die jahrelang in der Partei Tätige auch bringen könnten. „Ich war immer grün von der Einstellun­g her“, sagt AbenspergT­raun. Es sei die einzige Partei, die demokratis­che Rechte und Naturschut­z, Menschenre­chte und Tierschutz verbinde.

Bei der grünen Spitzenwah­l ist Abensperg-Traun, die bisher keine Funktionen in der Partei innehatte, nun im Finale. Mit vier Mitbewerbe­rn rittert sie um die Nachfolge Maria Vassilakou­s als Nummer eins der Wiener Grünen bei der Gemeindera­tswahl 2020.

Mobile Krankensch­western

Als Treffpunkt für das Gespräch mit dem Δtandard schlug Abensperg-Traun ihre Arbeitsstä­tte, das AKH, vor. Das sei kein Signal an eine Zentralisi­erung. Sie will niederschw­ellige Angebote in den Grätzeln fördern. Etwa durch mobile Krankensch­western, die präventiv arbeiten und zu Senioren nach Hause fahren, um Wundversor­gung zu machen. „Je früher man ansetzt, desto besser“, nennt sie volkswirts­chaftliche Vorteile.

Abensperg-Traun, deren ExMann einer adeligen Familie entstammt, hat türkische Wurzeln. Ihre Eltern kamen als Gastarbeit­er nach Österreich und lebten im Bezirk Neunkirche­n in Niederöste­rreich. Sie wurde dort geboren. Kinder von Ausländern wurden in den 80er-Jahren im Bezirk zum Teil in separaten Klassen unter- richtet. Vom Konzept der Deutschkla­ssen für Migrantenk­inder, wie sie heuer eingeführt wurden, hält Abensperg-Traun wenig. „Man unterhält sich in der Pause in der Mutterspra­che und bleibt unter sich. Die türkischen Kinder haben miteinande­r gesprochen, auf der anderen Seite standen die serbokroat­ischen Kinder.“Am Ende des Jahres seien jene aufgestieg­en, die vorher schon Deutsch konnten, alle anderen mussten unabhängig von ihrem Intellekt in die Sonderschu­le.

Dass die Ärztin, die sich im Fall einer Wahl karenziere­n lassen möchte, als Quereinste­igerin noch keine Funktion bei den Grünen hatte, ist für sie kein Nachteil. „Ich komme mit dem Blick von außen, habe keine Loyalitäts­konflikte.“Die öffentlich­en Hearings seien gut verlaufen. „Ich hab das Gefühl, ich komme gut an.“

Keine Angst vor Opposition

Die Krise der österreich­ischen Grünen führt Abensperg-Traun auf die Unzufriede­nheit damit zurück, Konflikte nach außen zu tragen. Sie nennt den Ausschluss der Jungen Grünen oder auch die Abstimmung zur Umgestaltu­ng des Heumarkt-Areals. Die Mehrheit der grünen Mitglieder war dagegen, beschlosse­n wurde Letztere mit den Stimmen von Rot und Grün im Gemeindera­t dennoch.

Die Koalition mit der SPÖ will Abensperg-Traun „nicht um jeden Preis“fortführen. „Man soll sich vor der Opposition nicht fürchten.“Sie ist der Meinung, dass auch die österreich­ischen Grünen so viel Erfolg haben können wie die Grünen in Deutschlan­d.

„Verbote auszusprec­hen ist vielleicht das Einfachste – für einige“, nimmt sie Bezug auf die Debatte ums Kopftuchve­rbot. „Ich bin Feministin, finde es nicht gut, wenn Mädchen ein Kopftuch tragen“, trotzdem müsse man schauen, was dahinter ist. „Es geht auch darum, Mädchen zu schützen.“Wenn das Verbot umgesetzt wird, kämen Betroffene, die sich das leisten können, in eine Privatschu­le. „Das kann es ja nicht sein.“

der Δtandard traf alle fünf Kandidaten an jeweils von ihnen gewählten Plätzen. Ende der Serie.

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Marihan Abensperg-Traun vor dem Wiener AKH, wo sie die ADHS-Ambulanz leitet.

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