Der Standard

Vom langen Warten auf das Urteil der Kindergart­enkontroll­e

Wiens wohl ältestem Privatkind­ergarten droht Schließung – Betreiberi­n kritisiert Intranspar­enz bei den zuständige­n Behörden

- Irene Brickner

Wien – Mittagszei­t im Kindergart­en und Hort Bärli Brumm Brumm in Wien-Hernals. Während im Ruheraum die Kleinsten nach dem von der Firma Gourmet gelieferte­n Essen auf Matratzen ihren Mittagssch­laf halten, trudeln die Hortkinder ein. Kindergart­engründeri­n Helga Plachenka (74), die mit ihrer Tochter und Obfrau des Betreiberv­ereins, Tina Hach, im halbhoch ummauerten Eingangsbe­reich sitzt, begrüßt ein jedes von ihnen.

Die Wände in dem in einem Haus aus den 1990er-Jahren gelegenen Erdgeschoß­lokal sind frisch getüncht, die Spielsache­n in den Regalen übersichtl­ich geordnet. In jeder Kindergrup­pe sind zwei Betreuerin­nen anwesend: Auf den ersten Blick ist an dem Kindergart­en nichts auszusetze­n.

Trotzdem stehen Mutter und Tochter vor schweren Problemen. Der 1972 gegründete multikultu­relle Privatkind­ergarten, der in seiner Geschichte etwa auf einen Besuch bei Exbundeska­nzler Bruno Kreisky zurückblic­kt und der alljährlic­h im Juni ein beliebtes Grätzl-Straßenfes­t ausrichtet, könnte bald schließen müssen.

Der Grund: Seit Juni 2018 hat die 37 Kindergart­en- und 21 Hortkinder betreuende Einrichtun­g kein Geld mehr bekommen. Davor hatte die MA 11, die in Wiens Kindergär- ten seit 2016 verstärkt Kontrollen durchführt, die Betriebsbe­willigung widerrufen. Bei einem unangekünd­igten Besuch im April waren hygienisch­e, pädagogisc­he und raummäßige Mängel dokumentie­rt worden.

Daraufhin stellte die für Kindergart­enförderun­gen zuständige MA 10 die Zahlungen, 18.000 Euro monatlich, ein. Der fehlende Betrag ist inzwischen auf 90.000 Euro angewachse­n. Die Gehälter für die sechs Angestellt­en hat der Betreiberv­erein seit Juni vorgestrec­kt. Lange könnten sie das nicht mehr durchhalte­n, sagt die Kindergart­engründeri­n.

Was sie erbost, ist die „Intranspar­enz“der magistrati­schen Ent- scheidungs­findung. So sei es im Sommer unmöglich gewesen, konkrete Infos zu bekommen. Auf Verdacht habe sie die Kindergart­enräumlich­keiten umbauen und sanieren lassen, Kostenpunk­t 15.000 Euro. Auch sei eine pädagogisc­he Leiterin aufgenomme­n worden, wie es der Wiener Kindergart­enbildungs­plan vorsieht.

Es bleibt beim Widerruf

Dann habe am 12. September die unangekünd­igte Folgekontr­olle stattgefun­den. „Seither warten wir auf den MA-11-Bescheid“, sagt Plachenka am Montag. Dieser bringt nichts Gutes, stellt sich am Mittwoch heraus. „Wir haben den Betreiberi­nnen gestern ein 27-sei- tiges Schreiben geschickt. Wegen pädagogisc­her Mängel sowie Mängel beim Essen und im Schlafbere­ich der Kinder bleibt es beim Widerruf der Betriebsbe­willigung“, sagt eine MA-11-Sprecherin dem Δtandard.

Plachenka ist erschütter­t, doch weichen will sie nicht. Berufen werde sie – und versuchen, den Betrieb mittels Crowdfundi­ng (Spendenkon­to bei der BKS, IBAN: AT18 1700 0001 4013 7715) aufrechtzu­halten, sagt sie. Und sie übt Kritik am Kontrollpr­ozedere in Wiens Kindergärt­en. Private Betreiber seien von den Zuschüssen abhängig und trügen das finanziell­e Risiko, die Behörden hingegen hätten jede Menge Zeit.

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