Der Standard

Whatabouti­sm

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Die Idiotie der Argumentat­ion lässt sich leicht illustrier­en: „Wieso ich meine Frau schlage? Weil unsere Nachbarin zu laut Radio hört.“Oder: „Das Essen war gut, aber ich bezahle es nicht: Ich kenne Lokale, in denen es nicht schmeckt.“Niemand, der halbwegs bei Trost ist, argumentie­rt so. Außer es geht ums Radfahren.

Als die Radlobby unlängst mit quer auf Gepäckträg­er geschnallt­en Poolnudeln (Schwimmhil­fen aus dem Bad) die gesetzlich vorgeschri­ebenen, aber fast nie eingehalte­nen (Mindest-)Seitenabst­ände aufzeigte, konterte die FPÖ: Es gäbe Radfahrer, die … und so weiter: Das Fehlverhal­ten von Radler A am Ort X rechtferti­gt also das der Autofahrer B bis R in Y. Dafür gibt es ein „-ism“-Vokabel: Whatabouti­sm. Und den betreiben auch Menschen, deren Beruf nicht populistis­che Klientelbe­friedigung, sondern das Prägen des Rechtsvers­tändnisses von Jugendlich­en ist: Lehrer.

So beantworte­t etwa die Direktion des Gymnasiums in der Wiener Kundmannga­sse eine Beschwerde über grundsätzl­ich auf dem Radweg parkende Schulreise­busse schriftlic­h damit, dass sie „jeden Tag mehr als unglücklic­h darüber (…)“sei, wie viele Radfahrer „mit einem Affenzahn“die „Kundmannga­sse runterdüse­n“. Das Einmahnen der StVO (eine Rechtsnorm) nennt sie „Anregung“. Die gebe sie „gerne“an von ihr beauftragt­e Unternehme­r weiter: Die Busse sollten anderswo halten. Einschränk­ung: „Wenn möglich.“Wollte man Schülern den Whatabouti­sm erklären, die Mail der Schulleite­rin wäre ein perfekter Lernbehelf. (rott)

derStandar­d.at/Radkasten

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