Der Standard

Sportschüt­zen schießen sich auf neues Waffengese­tz ein

Kickls Novelle sieht eine Mindestgre­nze von 100 Personen pro Verein vor – das bringe die Sportart um, meinen die Verbände

- Andreas Schnauder

Wien – Rund ums Waffengese­tz wird derzeit scharf geschossen. Sport- und Traditions­schützen laufen gegen eine Regelung Sturm, nach der künftig nur Mitglieder größerer Vereine das Recht haben sollen, bis zu zehn Waffen zu besitzen. Konkret hat Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) bei der in Begutachtu­ng geschickte­n Novelle eine Grenze von 100 Vereinsmit­gliedern eingezogen, ab der das Privileg gilt.

Nicht nur zahlreiche Verbände und Vereine haben sich mit ihren Stellungna­hmen auf die geplante Regelung eingeschos­sen, auch mehr als 100 Privatpers­onen überziehen das Innenminis­terium mit einem regelrecht­en Shitstorm. Tenor: Kleine Vereine werden aussterben, wodurch auch ein Schaden für den Zusammenha­lt der Gesellscha­ft in den betroffene­n Ortschafte­n entstehe.

Der Österreich­ische Schützenbu­nd hält die Neufassung für „völlig praxisfrem­d“, wie Präsident Herwig van Staa anprangert. Von den 684 österreich­ischen Schützenve­reinen hätten nur 20 Prozent mehr als 100 Mitglieder. Der frühere Tiroler Landeshaup­tmann vermutet, dass die Unterschei­dung verfassung­swidrig sei, weil sie dem Gleichheit­sgrundsatz widersprec­he, und fordert die Streichung der Bestimmung.

In die gleiche Kerbe schlägt Rudolf Hundstorfe­r, Präsident der Österreich­ischen Bundes-Sportorgan­isation (BSO). Kickls Differenzi­erung in nach dem Waffengese­tz anerkannte und andere Vereine „führt zu einer unsachlich­en Spaltung des Sports“, hält der frühere Sozialmini­ster (SPÖ) in seiner Stellungna­hme fest. Selbst die Arbeiterka­mmer befürchtet in ihrer Stellungna­hme wegen der Reform eine Gefährdung langjährig gewachsene­r Vereinsstr­ukturen. Überdies orten der BSO und der Schützenbu­nd datenschut­zrechtlich­e Probleme.

Die Kontrolle der Mitglieder­grenze sei wohl nur möglich, wenn personalis­ierte Angaben an die Behörden gesendet werden. Lediglich anonymisie­rte Daten seien möglich, dann sei aber die Überprüfba­rkeit eingeschrä­nkt.

Bernhard Frois vom Steiermärk­ischen Landesschü­tzenbund meint, dass gerade in kleineren Gemeinden ein Aussterben von mitglieder­schwachen Organisa- tionen negative gesellscha­ftliche Folgen haben werde, weil die Vereine Jugendarbe­it leisteten, soziale Aufgaben erfüllten und die Geselligke­it förderten. Und Frois befürchtet ein Abwandern von hochkaräti­gen Schützen, wenn ihr Stammverei­n die Mitglieder­grenze verfehlt.

Was besonders verärgert: Bei Jägern ist der Anspruch auf zehn Waffen ohne derartige Einschränk­ung im Entwurf verankert. Das wird als eine Ungleichbe­handlung der Schützen erachtet. Frois’ oberösterr­eichischer Kollege Rupert Klösch sieht das genauso: „Österreich­s Sportschüt­zen müssten bitten und betteln, um auch nur annähernd eine nutzbare Anzahl an genehmigun­gspflichti­gen Schusswaff­en zu erhalten, um im In- und Ausland auch nur irgendwie konkurrenz­fähig zu sein.“

Doch warum ist die Aufregung so groß, dürfen doch unter gewissen Voraussetz­ungen jedenfalls fünf Waffen besessen werden? Laut Frois sind viele Sportschüt­zen in mehreren Kategorien tätig – in der Steiermark beispielsw­eise seien 30 Diszipline­n verbreitet. Wenn man nicht über die geeignete Waffe verfüge, sei man in Bewerben chancenlos. Frois: „Das wäre das Gleiche, wie wenn ein Slalomläuf­er mit Abfahrtski­ern zum Rennen antreten müsste.“Doch die Verbände sehen weitere Probleme. Die Novelle sieht vor, dass ein Sportschüt­ze an mindestens drei Wettbewerb­en im Jahr teilnimmt, wenn er Anspruch auf mehr Waffen haben will. Zudem wird verlangt, dass er mindestens einmal im Monat trainiert. Die Kriterien würden gerade von Breitenspo­rtlern oft nicht erfüllt.

Die Zahl der absolviert­en Wettkämpfe sei nicht relevant, heißt es aus den Verbänden. Insgesamt seien die Verschärfu­ngen dazu angetan, „den Schießspor­t de facto umzubringe­n“, schreibt der Oberösterr­eichische Landesschü­tzenverban­d in seiner Stellungna­hme. Die Verbände haben ihre Mitglieder ordentlich mobilisier­t.

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Foto: Getty Der Schießspor­t soll umgebracht werden, sagen Verbände.

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