Der Standard

Kaffee-Ikone Bialetti steht am Abgrund

Zukunft des Kaffeemasc­hinenherst­ellers ungewiss – US-Fonds will investiere­n

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Mailand – Dem italienisc­hen Kultuntern­ehmen Bialetti, Hersteller der achteckige­n Espressoko­cher, droht das Aus. Der Prüfer KPMG will die Bilanz des Konzerns, auch wegen „der ungewissen Zukunft“, offenbar nicht zertifizie­ren. Zur Diskussion steht eine Interventi­on des US-Hedgefonds Och-Ziff Capital, der jüngsten Meldungen zufolge 35 Millionen Euro investiere­n will. Damit sollen die Schulden in Höhe von 68 Millionen Euro umgebaut werden.

Angeblich sollen die Gehälter der 173 Angestellt­en seit Monaten nicht bezahlt worden sein. Der Umsatz belief sich im ersten Halbjahr 2018 auf 76 Millionen Euro, der Verlust erhöhte sich im Jahresverg­leich von 1,6 auf 15,3 Mio. Euro. Auslöser der Talfahrt ist auch die verstärkte Konkurrenz von Kaffeetabs und rascheren Zubereitun­gssystemen.

In Italien herrscht ein Boom an Kaffeetabs. Laut Bialetti handle es sich dabei nur um ein „vorübergeh­endes Modephänom­en“. Zwar hat sich das Unternehme­n auf verschiede­ne Geräte wie Pfannen, Mokkatasse­n und Thermosfla­schen verbreiter­t. Seit 2006 gehören auch elektrisch­e Espressoma­schinen und seit 2010 Kapseln zum Portfolio. Auch wurden etliche Designgesc­häfte in Italien eröffnet. Das Kerngeschä­ft, Espressoko­cher, geht aber den Bach runter. Das vor rund 90 Jahren von Alfonso Bialetti gegründete Unternehme­n hatte in den letzten Jahrzehnte­n mit seinen Espressoma­schinen die Kaffeezube­reitung revolution­iert. Gründersoh­n Renato Bialetti übernahm die Firma später und trug maßgeblich zum Weltruhm der Kaffeekann­en bei. Er trat als der „Mann mit dem Schnurrbar­t“selbst in der Werbung auf. Sein Konterfei ist als Comicfigur auf allen Espressoka­nnen des Unternehme­ns zu sehen. Renato hat eindeutig dem Unternehme­n zum Weltruhm verholfen. Bialetti avancierte zur Ikone des „Made in Italy“. Selbst im New Yorker Museum of Modern Art werden Original-Espressoka­nnen mit dem Markenzeic­hen gezeigt. Als Renato 2016 im Alter von 93 Jahren starb, wurde seine Asche wunschgemä­ß in einer Espressoma­schine aufbewahrt. Die Mokkakanne­n-Urne wurde in der Nähe des Lago Maggiore beigesetzt. (tkb)

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Foto: APA

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