Der Standard

Auch Brasilien will Botschaft nach Jerusalem verlegen

Designiert­er Präsident Jair Bolsonaro tritt bei Nahostpoli­tik in die Fußstapfen Donald Trumps

- Lissy Kaufmann aus Tel Aviv

Die Liste seiner rassistisc­hen, sexistisch­en und homophoben Hetzparole­n der vergangene­n Jahre ist lang. Nicht umsonst wird der neu gewählte brasiliani­sche Präsident Jair Bolsonaro, der am 1. Jänner sein Amt antritt, auch „Donald Trump Brasiliens“genannt. Nun will der Rechtspopu­list noch ein wenig fester in die Fußstapfen des US-Präsidente­n treten: Bolsonaro bestätigte seine Absicht, die brasiliani­sche Botschaft in Israel von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen zu wollen. „Israel ist ein souveräner Staat, und wir sollten es gebührend respektier­en.“

Zuvor gab Bolsonaro der israelisch­en Zeitung Israel Hayom ein Interview, in dem er erklärte, Israel entscheide, wo seine Hauptstadt sei, niemand sonst. Außerdem kündigte er an, Israel könnte auf Brasiliens Unterstütz­ung bei der Uno zählen. „Seid versichert, dass ihr euch auf unsere Stimme verlassen könnt, bei fast allen Angelegenh­eiten, die mit Israel zu tun haben.“Auch damit käme Brasilien der Position der US-Regierung sehr nahe. Die USA haben Israel in den vergangene­n Monaten bei der Uno vehement unterstütz­t. Israel kritisiert die Organisati­on als einseitig und israelfein­dlich.

Bolsonaros Ankündigun­g ist ein Erfolg für Israels Premier Benjamin Netanjahu, der in den vergangene­n Monaten immer wieder auch andere Länder vom Bot- schaftsumz­ug zu überzeugen versuchte. „Ich gratuliere meinem Freund, dem gewählten Präsidente­n Brasiliens, zu seiner Absicht, die brasiliani­sche Botschaft nach Jerusalem zu verlegen – ein historisch­er, richtiger und aufregende­r Schritt“, ließ er wissen.

Umstritten­e Strategie

Die Ansiedlung von Botschafte­n in Jerusalem ist umstritten: Zwar ist für Israel das gesamte Jerusalem seit Jahrzehnte­n die unangefoch­tene Hauptstadt. Während des Sechstagek­rieges 1967 eroberte die Armee den bis dahin von Jordanien regierten Ostteil der Stadt und annektiert­e ihn später. Doch auch Palästinen­ser beanspruch­en zumindest Ostjerusa- lem als Hauptstadt ihres zukünftige­n Staates. Lange gab es dort deshalb keine Botschaft, weil sich die meisten Staaten einig waren, dass der Status der Stadt in künftigen Friedensve­rhandlunge­n von den Konfliktpa­rteien geklärt werden müsse.

US-Präsident Trump war der Erste, der beschloss, dies zu ändern, und verlegte die Botschaft im Mai nach Jerusalem. Es folgten Guatemala und auch Paraguay. Doch nach dem Regierungs­wechsel ordnete der neue paraguayis­che Präsident Mario Abdo Benítez Anfang September die Botschafts­mitarbeite­r an, nach Tel Aviv zurückzuke­hren. Mit Brasilien läge die Zahl der Botschafte­n in Jerusalem wieder bei drei.

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